Finnisch lernen

Kompliziert, komplizierter, FINNISCH – Mein Weg zur finnischen Sprache

Finnland und all seine Besonderheiten sind Teil dieses Magazins und auch Teil meines Lebens geworden. Und ganz eng dazu gehört nunmal auch die finnische Sprache. Finnisch wird als eine der anspruchsvollsten Sprachen der Welt gesehen und ist zudem so selten, dass man es sich sehr gut überlegen sollte, sich dem Lernprozess wirklich anzunehmen. Denn lediglich 0,07% der Weltbevölkerung gehören zu den Finnisch-Könnern (Statistics Finland). Aber wer in einem Land wirklich zuhause sein will, der sollte sich auch der Sprache widmen. Los geht´s also mit meiner Sprach-Reise ins Finnische.

Das erste Mal habe ich mich 2018 so richtig mit der finnischen Sprache beschäftigt. Ich war für 3 Monate in Helsinki und wollte ursprünglich auch einen Sprachkurs vor Ort machen. Leider war ich zu spät mit meiner Anmeldung und alle Plätze waren bereits belegt. Daher habe ich selbst gestartet die Sprache zu lernen und mit Apps, E-Books und einige Materialien zu Gemüte geführt, die ich teilweise schon in Deutschland gekauft hatte.

Außerdem hatte ich mir fest vorgenommen so viel wie möglich direkt zu sprechen. Tja, vornehmen ist das eine, umsetzen das andere. Denn es war und ist nun mal sehr leicht, mit englisch durch den Tag zu kommen. Anders als sonst hatte ich bei Finnisch wirklich Hemmungen meinen Kaffee zu bestellen. Der Grund mag sein, dass die Sprach einfach so unfassbar anders ist, als alles, was ich bisher gelernt habe.

Mittlerweile habe ich 2 Semester an der deutschen Volkshochschule hinter mir, habe viele Stunden in Apps wie Duolingo oder WordDive verbracht, mir Grammatik-Bücher ran gezogen und mich durch finnische Kinderbücher gekämpft. Und ich kann sagen, dass ich mittlerweile einiges verstehe und auch immer mal wieder die passenden Sätze zusammenflicken kann. Allerdings ist es noch sehr weit davon entfernt eine entspannte Unterhaltung zu führen. 

Immer wieder schwenke ich automatisch ins englische über oder auch meine finnische Freunde wechseln (meist mir zu liebe) die Sprache, wenn es irgendwo hakt. 

Der Grund KÖNNTE sein, dass ich einfach nicht konsequent dabei bleibe, bei diesem nervenaufreibenden Lernen einer so verdammt schwierigen Sprache. Und dabei hat Finnisch viele wirklich logische Momente, die man immer wieder einfach umsetzen KÖNNTE. Aber hier klaffen Theorie und Praxis (im Sinne von Umsetzen der Grammatik) so weit auseinander wie das Meer zwischen Helsinki und Tallin.

Deshalb nehme ich diesen Artikel hier jetzt zum Start für eine neue Rubrik oder auch Kolumne im Magazin, die sich NUR mit der finnischen Sprache und auch ein wenig mit meinem Lernerfolg beschäftigen wird. Ich starte einmal komplett neu und nehme euch ab der kommenden Ausgabe mit auf meinen Lernweg. Vielleicht macht ihr ja mit und wir starten gemeinsam in die finnische Sprachenreise. Dazu wird es ein kleines Extra in der Oktober-Ausgabe für euch geben, seid also gespannt.

Jetzt aber erst einmal zu ein paar Infos zur Sprache selbst – FINNISCH / SUOMI

Finnisch ist die offizielle Sprache Finnlands und wird von etwa 5,5 Millionen Menschen als Muttersprache gesprochen. Es gehört zur finno-ugrischen Sprachfamilie und ist daher nicht mit den meisten europäischen Sprachen verwandt. Finnisch zeichnet sich durch einige besondere Merkmale aus, die es gleichzeitig faszinierend und herausfordernd machen.

1. Agglutination

Eine der bemerkenswertesten Eigenschaften des Finnischen ist seine Agglutination. Das bedeutet, dass verschiedene Elemente, wie beispielsweise Präfixe, Suffixe und Endungen, an ein Wort angehängt werden, um verschiedene Bedeutungen auszudrücken. Dies ermöglicht eine unglaubliche Wortbildung und Flexibilität, aber für Lernende kann es zu Anfang schwierig sein, die Struktur und Bedeutung dieser zusammengesetzten Wörter zu verstehen. Denn das Grundwort ist manchmal auf den ersten Blick und für Ungeübte nicht mehr zu erkennen.

Ein gutes Beispiel für die Agglutination im Finnischen ist das Wort 

„Lentokonesuihkuturbiinimoottoriapumekaanikkoaliupseerioppilas“.

Dieses lange Wort besteht aus verschiedenen Elementen, die an das Grundwort „Lentokone“ angehängt werden, um verschiedene Bedeutungen auszudrücken. Hier ist eine Aufschlüsselung der Elemente:

Lentokone: Flugzeug

Suihku: Strahl

Turbiini: Turbine

Moottori: Motor

Apu: Hilfe

Mekaanikko: Mechaniker

Aliupseeri: Unteroffizier

Oppilas: Schüler

Wenn man diese Elemente kombiniert, ergibt sich das zusammengesetzte Wort „Lentokonesuihkuturbiinimoottoriapumekaanikkoaliupseerioppilas“, das wörtlich „ein Schüler eines Unteroffiziers, der ein Mechaniker für Flugzeugturbine-Motorenhilfe ist“ bedeutet. Dieses Wort mag auf den ersten Blick überwältigend aussehen, aber es zeigt die beeindruckende Fähigkeit des Finnischen, komplexe Bedeutungen in einem einzigen langen Wort zu vermitteln.

Aber nicht nur Wortkombinationen, sondern auch Ortsangaben, Besitzangaben oder auch Zeiten werden als Endungen „einfach“ an Wörter angehangen, anstatt sie als Zusatzwörter im Satz einzubauen. Ein Beispiel:

Das Grundwort: „Talo“ (Haus)

Verschiedene Elemente können angehängt werden, um die Bedeutung zu ändern:

  • „Talossa“ bedeutet „im Haus“.
  • „Talossani“ bedeutet „in meinem Haus“.
  • „Talossanikaan“ bedeutet „auch nicht in deinem Haus“.

Wie du sehen kannst, werden durch das Anhängen verschiedener Elemente an das Grundwort „Talo“ unterschiedliche Bedeutungen erzeugt. Die Agglutination ermöglicht eine effiziente und präzise Wortbildung, was eine der bemerkenswertesten Eigenschaften der finnischen Sprache ist.

2. Grammatik

Finnisch hat eine anspruchsvolle Grammatik mit zahlreichen Fällen, die die Funktion von Substantiven bestimmen. Es gibt insgesamt 15 Fälle, die je nach Kontext und Funktion eines Substantivs variieren. Dies kann für Lernende, die mit den üblichen Fällen in europäischen Sprachen nicht vertraut sind, eine echte Herausforderung darstellen. Und ganz ehrlich; In meinem ersten Volkshochschulkurz musste ich mir erst einmal aufschreiben, welche Fall-Bezeichnungen was bedeuten (also im Deutschen), um dann zu wissen um was es geht. 

3. Vokalharmonie

Eine weitere Besonderheit des Finnischen ist die Vokalharmonie. Das bedeutet, dass die Vokale in einem Wort je nach dem vorausgehenden Vokal entweder vorne oder hinten im Mund gebildet werden. Dies trägt zur Melodie und Klangvielfalt der Sprache bei, kann aber für Lernende verwirrend sein, wenn sie sich nicht daran gewöhnt haben.

4. Wenig Verwandtschaft mit anderen Sprachen

Da Finnisch nicht mit den meisten anderen europäischen Sprachen verwandt ist, haben Sprecher anderer Sprachen oft keinen nennenswerten Vorteil beim Lernen von Finnisch. Es gibt nur wenige gemeinsame Wörter oder ähnliche grammatikalische Strukturen, die als Ausgangspunkt dienen könnten.

5. Wenige Möglichkeiten zum Sprachgebrauch

Da Finnisch in erster Linie in Finnland gesprochen wird, haben Lernende außerhalb des Landes oft weniger Möglichkeiten, die Sprache im Alltag anzuwenden. Der Mangel an Kommunikationsmöglichkeiten kann das Lernen erschweren, da das Üben in einer natürlichen Umgebung für den Spracherwerb äußerst wertvoll ist.

Wie lerne ich am besten Finnisch?

Ich bin ein Freund von Systemen. Daher habe ich wirklich viele Varianten versucht, um mir das Lernen zu erleichtern. Denn oft weiß ich nicht wo ich anfangen soll. Was macht wirklich Sinn und welche Reihenfolge bringt mich wirklich ans Ziel, ohne dass ich ins Stocken komme, weil wieder etwas dazwischenkommt, was ich noch nicht weiß. Ihr erkennt vielleicht meine Verzweiflung was dieses Sprachthema angeht 😉

Lernreihenfolge – Ein Versuch ist es Wert…

Das Lernen der finnischen Verben erfordert eine strukturierte Herangehensweise, um die verschiedenen Aspekte der Konjugation zu erfassen. Ich habe jetzt für mich einen Ablauf und eine Reihenfolge festgelegt, die ich einmal versuchen möchte. Die habe ich einmal zusammengefasst, vielleicht hilft sie ja auch dir, wenn du mit dem Gedanken spielst dich in das wahnsinnige Abenteuer FINNISCH hineinzustürzen:

1. Grundlagen der Verben:

  • Beginne mit der Grundlagenforschung zu finnischen Verben, wie z.B. den Infinitiv (Grundform) eines Verbs und wie es in einem Satz verwendet wird.
  • Verstehe, dass finnische Verben in vier Hauptarten (Konjugationsklassen) eingeteilt werden: A-, O-, U-, und I-Verben. Jede Klasse hat spezifische Konjugationsregeln.

2. Präsensstamm:

  • Lerne die Bildung des Präsensstamms für Verben in jeder Konjugationsklasse. Der Präsensstamm ist die Grundlage für die Konjugation in der Gegenwart.

3. Präsenskonjugation:

  • Übe die Konjugation von Verben im Präsens für die Personen Singular (ich, du, er/sie/es) und Plural (wir, ihr, sie).

4. Vergangenheitsformen:

  • Lerne die Vergangenheitsformen der Verben, wie z.B. Perfekt (mennyt aika) und Imperfekt (kesken aika). Diese Formen werden verwendet, um über Ereignisse in der Vergangenheit zu sprechen.

5. Zukunftsformen:

  • Studiere die Bildung von Zukunftsformen, einschließlich der einfachen Zukunft und der Zukunftsform mit dem Hilfsverb „olla“.

6. Konditional:

  • Erfahre, wie das Konditional gebildet wird, um über Bedingungen oder hypothetische Situationen zu sprechen.

7. Imperativ:

  • Lerne den Imperativ, um Befehle, Aufforderungen oder Anweisungen auszudrücken.

8. Infinitivformen:

  • Achte auf verschiedene Infinitivformen, wie die normale Infinitivform, das Präsenspartizip und das Perfektpartizip.

9. Aktiv und Passiv:

  • Verstehe den Unterschied zwischen dem Aktiv- und dem Passivstamm der Verben und wie man sie verwendet.

10. Häufig verwendete Verben:

  • Beginne mit den häufig verwendeten Verben des Alltags, um deine Konversationsfähigkeiten zu verbessern.

11. Praxis und Anwendung:

  • Übe das Konjugieren und Anwenden von Verben in Sätzen und Dialogen. Je mehr du mit Verben arbeitest, desto vertrauter wirst du mit ihrer Anwendung.

Es ist wichtig, dass du jedes Konzept gründlich verstehst, bevor du zum nächsten übergehst. Wiederholung und Übung sind entscheidend, um die finnischen Verben zu beherrschen. 

Immer wieder dabei sind natürlich Vokabeln und damit neue Wörter, die nach und nach den Wortschatz erweitern. Und nach und nach sollte dann auch das Verstehen der Grammatik erkennbar sein, wenn man weiß wie man die neuen Wörter einsetzt und entsprechend benutzen kann.

Dazu nutze ich Apps, Bücher und einige Online-Ressourchen, um mein Wissen zu festigen. Natürlich auch die Anwendung des aktuellen Sprach-Standes, indem ich im Supermarkt, im Café, bei Freunden, etc. so oft wie möglich versuche zu sprechen. 

Meine derzeitigen Methoden und Tools

Folgende Methoden und Tools haben mich bisher unterstützt und ich werde sie auch vorerst weiterhin einsetzen:

Apps: Duolingo & WordDive

duolingo finnisch lernen
Worddive finnisch lernen

Dies sind derzeit die einzigen Sprachlern-Apps, die Finnisch anbieten. Wenn du Duolingo startest, musst du allerdings als Ausgangssprache Englisch angeben, denn die Kombi Deutsch-Finnisch gibt es noch nicht. (Stand August 2023)

Kosten:

Duolingo: kostenlos, Plus ab 6,49€/Monat 

Worddive: 7 Tage Test kostenlose, danach ab 7,99€/Monat

Beide Apps haben mir schon Aha-Momente verschafft und ich setze sie als eine Art „Wissensvertiefung“ ein. Außerdem hat man damit eine regelmäßige Anwendung der Sprache, die eigenen Fehler werden registriert und es wird entsprechend immer wieder aufgegriffen. Vor allem das Verben konjugieren finde ich bei WordDive super, da es immer wieder Info-Posts zwischen den Übungen gibt. Beide Apps funktionieren übringens auch am Desktop super. 

PRO TIP Duolingo: In der App musst du immer mal wieder ganze Sätze selbst schreiben. Wenn du hier am Smartphone (ich haben eine iPhone) die finnische Tastatur einsetzt und anstelle zu schreiben die Sprachfunktion aktivierst, kannst du direkt auch deine Aussprache testen. Denn das Smartphone muss ja deinen finnischen Satz verstehen, um ihn richtig zu schreiben. 

Bücher und Co.

Hier habe ich mich wirklich ausgetobt und einige verstaubte Exemplare im Regal stehen. Wichtig ist, dass du Material findest, das dich auf deinem Stand abholt. Wenn du allein lernen willst, dann wird dir das meist empfohlene „Yksi, kaksi, kolme“ Lehrbuch nicht viel helfen, denn es ist als Lehrbuch für den Unterricht geeignet. Allein kam ich nicht wirklich weit damit. Daher mein Tip: Start mit einem Kurs, damit du einen Einstieg hast und erst einmal die Grundlagen verstehst. Damit meine ich auch die große Grammatik. Denn hier bekommst du einen Überblick über das, was die Sprache kann und vor allem die Logik hinter den einzelnen Fällen.

Das Buch was ich immer wieder benutze ist: 

Finnisch lernen Grammatik Buch

Grammatikübungsbuch Finnisch: Niveaustufe A1/A2, Harald Molan

Lernziele:Sichere Beherrschung der Grammatik; Niveaustufe A1/A2 des Europäischen Referenzrahmens. In 33 überschaubaren Kapiteln werden die wesentlichen Phänomene der finnischen Grammatik prägnant und leicht verständlich zusammengefasst und anhand von Tabellen, Übersichten und Beispielsätzen mit Übersetzungen veranschaulicht. Jedes Kapitel schließt mit einer Vielzahl abwechslungsreicher praxisnaher Übungen zur unmittelbaren Anwendung des gelernten Stoffes. Der Anhang enthält einen Lösungsschlüssel zu allen Übungen, ein finnisch-deutsches und ein deutsch-finnisches Vokabelverzeichnis sowie ein Stichwortregister. Das Buch ist lehrwerkunabhängig, universell einsetzbar und eignet sich als kursbegleitende Übungsgrammatik ebenso wie zum selbstständigen Lernen.

Website: sprachenlernen24.de

Hier findest du einen sehr gute Übersicht und genaue Beschreibung der gesamten finnischen Grammatik. Du kannst alles auch als PDF herunterladen. Ich nehme diese Seite ergänzend zum Lehrbuch hinzu. Denn manchmal muss man eine Erklärung auch mit anderen Worten lesen, um es am Ende wirklich zu verstehen. Außerdem sind hier viele Beispiele zu finden, die direkt mit ganzen Sätzen in die Sprach eintauchen. Komplett kostenlos und eine echte Empfehlung. Zu den dort zu kaufenden Kursen kann ich allerdings nichts sagen.

iPad & GoodNotes

Als das wichtigste Tool für alle Lerndinge hat sich im Laufe der Zeit mein iPad herauskristallisiert. Mit der App Goodnotes schreibe mich mir meine Notizen auf, habe ein Notizbuch für Vokabeln angelegt und es gibt auch die Möglichkeit sich Lernkarteien zu erstellen, die man dann nach und nach durcharbeiten kann. Damit werde ich jetzt auch starten. Außerdem switche ich oft zwischen den Lern-Apps und Goodnotes hin und her, um mir direkt neue Wörter oder Hinweise zu notieren, die ich dann später noch einmal durchgehen kann.

Tja, was soll ich sagen. Der Plan steht und ich bin bereit. Es ist auch eine Art Arschtritt für mich selbst und ein gewisser Druck, den ich einfach brauche. Ich habe mir täglich 20 Minuten vorgenommen, in denen ich mich NUR mit der finnischen Sprache beschäftigen werden. Ob das funktioniert, wie ich starte und welche Schritte sich als richtig oder auch falsch erwiesen haben, wirst du ab der kommenden Ausgabe dann erfahren. Denn dann heißt es regelmäßig für dich und mich: Kompliziert, komplizierter, FINNISCH.

4 Fakten finnisch lernen

Noch mehr Inhalt über das Thema Lernen gibt es im digitalen Magazin in der E-Book-Version. Da findest du auch „4 Fakten über die finnische Sprache“.


Mockup Ausgabe 08/2023

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