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Neuroplastizität

Glück formt sich im Kopf: Wie Neuroplastizität unser Wohlbefinden beeinflusst

Das menschliche Gehirn hat die erstaunliche Fähigkeit, sich selbst zu verändern und anzupassen – ein Prozess, der als Neuroplastizität bezeichnet wird. Diese Fähigkeit ist nicht nur entscheidend für das Lernen, sondern auch für unsere mentale Gesundheit und unser Glück. Die Erkenntnisse aus der Neurowissenschaft zeigen, dass wir durch bestimmte Denk- und Handlungsweisen die Struktur und Funktion unseres Gehirns positiv beeinflussen können. Doch wie genau funktioniert das? Und wie können wir diese Fähigkeit für unser persönliches Wohlbefinden nutzen?

Neuroplastizität beschreibt die Fähigkeit des Gehirns, sich als Reaktion auf Erfahrungen, Gedanken und Handlungen neu zu strukturieren. Es bedeutet, dass das Gehirn, statt starr und unveränderlich zu sein, ständig neue neuronale Verbindungen aufbaut und alte Verbindungen neu organisiert. Dieser Prozess kann durch bewusste Anstrengungen wie das Erlernen neuer Fähigkeiten, das Üben von Achtsamkeit oder das Umdenken in stressigen Situationen aktiv gesteuert werden.

Forschungsergebnisse belegen, dass positive Gedanken und Aktivitäten das Gehirn in eine Richtung lenken können, die unser Glück fördert. Ein Beispiel: Menschen, die regelmäßig Dankbarkeit üben, erfahren nicht nur eine Verbesserung ihrer psychischen Gesundheit, sondern auch eine messbare Veränderung in der Aktivität bestimmter Gehirnregionen, die mit positiven Emotionen assoziiert sind. So zeigt eine Studie von Achor (2010), dass das Praktizieren von Dankbarkeit zu einer verstärkten Ausschüttung von Dopamin und Serotonin führt, den sogenannten Glückshormonen. [1]

Laut der Greater Good Science Center der Universität von Berkeley kann die gezielte Veränderung unserer Denk- und Handlungsweisen sogar dabei helfen, unser Gehirn so zu formen, dass wir uns dauerhaft glücklicher fühlen​. [2] Durch das Üben von positiven Denkmustern und das Schaffen neuer, unterstützender Gewohnheiten können wir daher unser Gehirn in eine Richtung lenken, die das Glück fördert.

Neuroplastizität und Glück: Wie unser Gehirn das Wohlbefinden beeinflusst

Der Einfluss der Neuroplastizität auf unser Glück lässt sich auf verschiedene Weisen erklären. Eine der wichtigsten Erkenntnisse ist, dass wiederholte positive Gedanken und Erfahrungen das Gehirn „neu verdrahten“ können, sodass wir anfälliger für positive Emotionen und Resilienz werden. Wenn wir uns in schwierigen Zeiten auf Lösungen statt auf Probleme konzentrieren, stärkt sich nicht nur unser Problemlösungsdenken, sondern auch unsere Fähigkeit, mit Herausforderungen gelassen umzugehen.

Neuroplastizität hilft uns auch dabei, negative Denkmuster zu durchbrechen, die unser Glück sabotieren. Zum Beispiel sind viele Menschen von selbstkritischen Gedanken oder Ängsten geplagt, die sie daran hindern, das Leben in vollen Zügen zu genießen. Durch gezielte Übungen – wie das Umdenken negativer Gedanken oder das Fokussieren auf positive Erlebnisse – können wir diese automatischen Reaktionen umlenken und ein mental stärkeres, glücklicheres Leben führen.

Dass das sich lohnt, zeigen Studien. Denn tatsächlich reagiert unser Gehirn auf positive Erfahrungen und Erlebnisse. Die schon erwähnte Praxis der Dankbarkeit beispielsweise, aktiviert Regionen im Gehirn, die für Freude und Zufriedenheit verantwortlich sind. Diese Erkenntnisse stimmen mit dem überein, was in der Positive Psychologie oft betont wird:

Wir können unsere eigene Glücksquote durch aktive, positive Gedanken und Handlungen beeinflussen. [3]

Praktische Anwendung der Neuroplastizität für mehr Glück

Neuroplastizität bietet uns ein großes Potenzial, unser Gehirn in eine Richtung zu lenken, die unser Glück fördert. Es gibt zahlreiche praktische Techniken, die unser Denken aktiv verändern und unser Gehirn neu verdrahten können. Eine dieser Techniken ist das kognitive Umstrukturieren, bei dem negative Gedanken durch positive und realistischere Gedanken ersetzt werden.

Ein einfaches Beispiel ist das Führen eines Dankbarkeitstagebuchs, das die Aufmerksamkeit auf die positiven Aspekte des Lebens lenkt. Indem man täglich drei Dinge aufschreibt, für die man dankbar ist, wird das Gehirn darauf konditioniert, häufiger positive Ereignisse wahrzunehmen. Dies führt zu einer langfristigen Veränderung der neuronalen Netzwerke und stärkt das Gefühl des Wohlbefindens.

Zudem zeigt die Praxis der Achtsamkeit, dass das regelmäßige Üben von Meditation und bewusstem Innehalten den Teil des Gehirns stärkt, der für positive Emotionen zuständig ist, während der Bereich, der mit Angst und Stress verbunden ist, reduziert wird.

Die Finnen haben auch in diesem Bereich viel zu bieten: Sie praktizieren regelmäßig „Metsämieli“ (Waldbaden) und verbinden sich mit der Natur, um ihre Gedanken zu beruhigen und ihre Emotionen ins Gleichgewicht zu bringen. Diese einfachen, aber effektiven Methoden wirken direkt auf das Gehirn und fördern ein Gefühl von Ruhe und Zufriedenheit, das nachweislich auch die neuronale Struktur verändert.

Hier sind einige unaufwendige Tipps, die du problemlos in deinen Alltag einbauen kannst:

Die folgenden Tipps sind so einfach, dass sie ohne großen Aufwand in den Alltag integriert werden können – perfekt für diejenigen, die wenig Zeit oder Lust auf umfangreiche Rituale haben.

  • Positives Reframing in Alltagssituationen: Wenn dir etwas Negatives passiert – sei es im Job oder im privaten Leben – versuche, das Ereignis aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Statt zu denken „Das war ein totaler Fehlschlag“ könntest du dir sagen „Das war nicht ideal, aber ich habe daraus gelernt und weiß jetzt, was ich das nächste Mal anders machen kann.“
  • Minimale Bewegungen für die Stimmung: Selbst eine kurze Dehnung oder ein kleiner Spaziergang kann dabei helfen, das Gehirn zu aktivieren und den Stresspegel zu senken. Wenn du zum Beispiel beim Warten auf den Kaffee eine einfache Schulterrolle machst oder ein paar Schritte um den Block gehst, gibst du deinem Gehirn eine kleine Auszeit und förderst dein Wohlbefinden. Studien zeigen, dass auch kleine körperliche Aktivitäten die Gehirnchemie positiv beeinflussen und die Stimmung heben können. [4]
  • Lächeln hilft – auch wenn’s nicht perfekt ist: Studien zeigen, dass das Lächeln selbst dann positive Effekte auf das Gehirn hat, wenn es nicht spontan oder aus Freude entsteht. Versuche, öfter bewusst zu lächeln – sei es beim Blick in den Spiegel oder beim Gespräch mit einem Kollegen oder einer Freundin. Dein Gehirn wird mit positiven Signalen reagieren, was die Stimmung hebt. [5]
  • Positive Gedanken im Vorbeigehen: Statt dich über Kleinigkeiten wie den Verkehr oder den fehlenden Parkplatz zu ärgern, versuche, dir einen positiven Gedanken zu bewahren. Vielleicht denkst du an eine bevorstehende Aktivität, auf die du dich freust, oder an eine nette Begegnung, die du kürzlich hattest. Diese kleinen positiven Gedanken können das Gehirn aktivieren, um mehr Freude zu erleben. Hier kommt das Prinzip der „positiven Psychologie“ ins Spiel, das zeigt, dass das bewusste Einnehmen einer optimistischeren Perspektive das Gehirn langfristig in eine positive Richtung lenken kann. [6]
  • Kleine Momente der Achtsamkeit: Achtsamkeit muss nicht immer in langen Meditationssitzungen erfolgen. Du kannst kurze Achtsamkeitspausen in den Tag einbauen, etwa beim Warten an der Ampel oder beim Abwasch. Nutze diese Zeit, um einfach bewusst tief durchzuatmen und dich auf den Moment zu konzentrieren, anstatt gedanklich schon in der Zukunft zu sein. Studien belegen, dass auch kurze Achtsamkeitspausen die neuronale Aktivität im Bereich des emotionalen Wohlbefindens steigern können. [7]
  • Zwei Minuten „happy talk“: Wenn du eine Herausforderung hast oder dich gestresst fühlst, nimm dir zwei Minuten Zeit, um dir selbst zu sagen, was du gut gemacht hast oder was du in der Situation schätzen kannst. Dies hilft deinem Gehirn, eine positive Perspektive zu bewahren und gleichzeitig den Stress zu reduzieren. Eine solche Selbstermutigung ist ein bewährtes Mittel in der kognitiven Verhaltenstherapie, um das eigene Selbstbild zu stärken. [8]
  • Verbindung in den kleinen Dingen: In Finnland ist das „Kaffepause“-Ritual besonders beliebt und zeigt, wie einfache soziale Interaktionen das Wohlbefinden steigern können. Versuche, bewusst mehr Zeit für kleine, entspannte Gespräche oder Verabredungen mit Freunden oder Kollegen einzuplanen. Diese kurzen Momente der Verbindung tragen dazu bei, Stress abzubauen und das Gefühl von Zufriedenheit zu steigern. Auch in der Forschung wird immer wieder betont, wie wichtig soziale Bindungen für das Glücksempfinden sind. [9]

Fazit: Glück als aktive Entscheidung

Neuroplastizität zeigt uns, dass Glück nicht einfach ein Zustand ist, der uns zufällig widerfährt. Vielmehr ist es eine Fähigkeit, die wir aktiv entwickeln können. Indem wir unseren Denkstil verändern und regelmäßig positive Gewohnheiten in unser Leben integrieren, können wir unser Gehirn in eine Richtung lenken, die uns mehr Freude, Zufriedenheit und Wohlbefinden bringt.

Neuroplastizität Mythen und Fakten

„Das Gehirn ist nicht nur ein passiver Empfänger von Erfahrungen, sondern ein aktiver Gestalter unseres Lebens“, Dr. Norman Doidge

Indem wir unser Denken und unsere Handlungen bewusst steuern, können wir unser Gehirn neu programmieren – für mehr Glück, Optimismus und Lebensfreude. Wie die Finnen es vorleben, können wir durch das Üben von Resilienz und einem positiven Denkstil unser Glück aktiv gestalten und so die neuronalen Bahnen für ein erfülltes Leben neu vernetzen.


Seitenbild Ausgabe 042025 min

Neuroplastizität und Glück

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Quellen:

[1] Achor, Shawn. The Happiness Advantage: The Seven Principles of Positive Psychology That Fuel Success and Performance at Work. Crown Business, 2010.

[2] Greater Good Science Center. (2023). How to Trick Your Brain for Happiness. University of California, Berkeley. https://greatergood.berkeley.edu/article/item/how_to_trick_your_brain_for_happiness

[3] Greater Good Science Center. (2023). The Neuroscience of Happiness. University of California, Berkeley. https://greatergood.berkeley.edu/article/item/the_neuroscience_of_happiness

[4] Haller, Max, et al. „Physical Activity and Mental Well-Being: An Overview.“ Scandinavian Journal of Medicine & Science in Sports, vol. 22, no. 1, 2012, pp. 15–18.

[5] Zajonc, Robert B. „Feeling and Thinking: Preferences Need No Inferences.“ American Psychologist, vol. 35, no. 2, 1980, pp. 151-175.

[6] Seligman, Martin E. P. Learned Optimism: How to Change Your Mind and Your Life. Vintage, 2006.

[7] Brown, K. W., & Ryan, R. M. „The Benefits of Being Present: Mindfulness and Its Role in Psychological Well-Being.“ Journal of Personality and Social Psychology, 2003.

[8] Beck, Aaron T. Cognitive Therapy: Basics and Beyond. Guilford Press, 1995.

[9] Diener, Ed, et al. „The Social Foundations of Well-Being.“ Psychological Science in the Public Interest, 2005.

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