Lifestyle Stärken und Schwächen

Schwächen als Stärken nutzen

Umdenken ist angesagt

Die Scheinwelt von Social Media und Medien zeigt uns auf, wie toll das Leben sein kann. Wie positive und perfekt, wie sinnvoll und immer gut gelaunt. Aber die Realität sieht anders aus. Da sind negative Momente und es sind negative Gefühle, die wir dann bekommen, wenn wir an unsere Grenzen kommen, wenn wir uns unseren Schwächen bewusst werden. Weil wir eben nicht in diese perfekte Welt passen. Aber wie wäre es, wenn sich unser Blickwinkel ändern und wir damit unsere Schwächen als Stärken nutzen würden? Ein Versuch ist es wert! Ganz ohne den Druck perfekt zu sein, sondern aus dem Wunsch heraus Schwächen anzuerkennen, sich einzugestehen wo die Grenzen liegen und diese Grenzen nicht mit negativen Gedanken zu füttern.

Bereits im Artikel zur Kategorie Work-Life-Balance geht es um das Eingestehen und Analysieren unserer Stärken aber auch Schwächen. Bei der SWOT Analyse hilft eine Matrix dabei diese aufzulisten und entsprechend visuell darzustellen.

Ich bin mir durchaus bewusst, dass es eine Überwindung sein kann, sich wirklich mit all dem zu beschäftigen, was man nicht gut kann und worin man einfach schlecht ist. Aber behalte dabei immer im Hinterkopf, dass das, was wir in der einen Situation als Schwächen sehen, sich in einem anderen Moment vielleicht sogar als Stärke entpuppen könnte. Dank der SWOT-Analyse und dem Beschäftigen mit unseren Schwächen, erhalten wir eine Vielzahl an möglichen Ansatzpunkten und Möglichkeiten. Dies ist der erste Schritt, um Schwächen als Stärken nutzen zu können.

Es gibt immer wieder Momente, in denen du dir bestimmten Schwächen bewusst wirst. Oft genug entsteht dabei ein Gefühl des Versagens. Und das Selbstbewusstsein erhält einen Knacks. Kurz gesagt: Ein Minusgefühl!

Eine Schwäche ist aber nur scheinbar negativ

In einer anderen Situation kann sie eine Stärke sein. Entscheidend ist, das Potenzial dieser „Schwäche” zu erkennen und es sich zunutze zu machen. Im Grunde handelt es sich dabei meist auch um eine Grenze die wir erreichen. Entweder, weil unser Talent nicht ausreicht oder weil dieser Bereich unserer Charakterstärke einfach nicht passend ist. Vielleicht sind wir nicht kreativ genug oder Teamwork liegt uns nicht. 

Typischerweise werden solche Grenzen als Mangel, vielleicht sogar als Makel gesehen – als Zeichen für eine Schwäche, als großes MINUS, das einen auch nach außen hin (gerade dort!) bloßstellt. Die Folge: Das Selbstwertgefühl ist im Keller.

Nach dem MottoNun wird jedem schlagartig bewusst werden, was wirklich in mir steckt (bzw. was nicht). Die Schwäche wird so zum Stigma, das es unbedingt zu überwinden gilt, sei es durch Verdrängung oder durch inneren Veränderungsdruck.

Die Sorge um die Außenwirkung hat natürlich einen realen Hintergrund. Wie oft hast du es erlebt, dass dir jemand einen „guten Rat“ mit auf den Weg geben wollte. Sätze wie „Geh doch endlich mal aus dir raus!“. Je nach der innerer Konstitution prallen solche Ratschläge mal mehr, mal weniger an uns ab. 

In vielen Fällen jedoch – leider – sind solche vermeintlichen Grenzen schon so verinnerlicht, dass bereits das Erleben der entsprechenden Situation ein Gefühl der Schwäche auslöst. Diese Schwächen als Stärken nutzen zu können, scheint weit weg und unerfüllbar. In solch einer Situation braucht niemand eine Person, die uns daran erinnert, dass wir „unfähig“. Das Programm was wir dann abspulen, enthält Gefühle wie Scham, Ärger oder auch das Erleben einer Schwäche.

Emotionen aus Kindheitstagen als Verstärker

Dabei dürfen wir eine Tatsache nicht übersehen: Viele der Richtlinien, nach denen wir uns selbst beurteilen, stammen noch aus der Kindheit. Deshalb lösen solche Grenz-Erfahrungen oder das Erleben von Schwächen oftmals starke Gefühle aus.

Das innere Kind wird aktiviert und mit ihm all die vergangenen, häufig unverarbeiteten und unreflektierten Emotionen, die im Grunde mit der jetzigen Situation nichts zu tun haben.

Wir handeln also entsprechend unserer inneren Realität, die aber nicht unbedingt mit der äußeren übereinstimmen muss. Denn wissen wir denn wirklich, ob der andere unser Verhalten als „Schwäche“ beurteilt? Ob er sie überhaupt wahrgenommen hat? Unsere eigene Einschätzung spielt uns oft einen bösen Streich! Hinzu kommt natürlich die gegenwärtige Stärken-Gesellschaft. Schwächen haben und zeigen ist verpönt und noch immer nicht gesellschaftsfähig. Dazu haben Instagram und Co. beigetragen und zeigen ein absolut falsches Bild vom Leben.

Schwächen als Stärken nutzen? Warum nicht?!

Aber drehen wir es doch einmal um. Denkst du es ist überheblich oder falsch Schwächen als Stärken nutzen zu wollen? Regt sich in dir Widerstand? Dann wirst du auf die Frage, was „Schwächen“ bedeuten, wahrscheinlich in etwa wie folgt antworten:

Schwächen …

  • bieten anderen eine Angriffsfläche.
  • verbauen mit Erfolgschancen.
  • lassen mich dumm dastehen.
  • zeigen mir, dass ich es eh nicht verdient habe.

All das definiert Schwächen komplett negativ. Kein Wunder also, dass dann ein Makel verspürt wird, wenn man eine Schwäche oder Grenze erlebt.


Aber Schwäche heißt doch auch…

  • vielleicht etwas üben zu müssen.
  • Einen Zeitpunkt zu finden, um sich mit etwas Neuem bekannt zu machen und so vielleicht eine Stärke zu entwickeln
  • eine Chance für Wachstum zu haben.

Eine Schwäche ist im Grunde also eine Stärke, die nur zur falschen Zeit aktiviert wurde.

Das heißt wir können tatsächlich unsere Schwächen als Stärken nutzen, wenn wir nur deren starke Seiten entdecken und uns diese in der Zukunft in den richtigen Situationen zunutze machen.

Vom Minusgefühl zum Glücksgefühl

Mit diesen fünf einfachen Schritten kannst du einen neuen Blickwinkel einnehmen und deine Schwächen ganz anders betrachten.

1. Schritt: Benenne deine Schwächen

Auf der einen Seite werden uns unsere Schwächen im Alltag dauernd bewusst, andererseits schieben wir sie dann aber auch schnell beiseite, um nicht länger als nötig dem damit verbundenen Minusgefühl ausgesetzt zu sein. Deshalb mag dir der erste Schritt, das Benennen einer Schwäche, nicht ganz leicht fallen. In Kombination mit deinen Stärken kann es einfacher sein und du lernst, deine Schwächen als Stärken nutzen zu können.

2. Schritt: Verdeutliche dir deine Gedanken und Gefühle

Was denkst und fühlst du in dem Moment der Schwäche-Erfahrung? Versuche jetzt, deine innere Reaktion zu benennen – und dies möglichst neutral, also ohne Kritik und ohne Bewertung. Typische Reaktionen sind z. B.:

  • Glaubenssätze abspulen: „Man soll immer nett und höflich sein!“, „Man unterbricht andere nicht!“
  • Sich selbst beschimpfen: „So blöd kann aber auch nur ich sein!“, „Ich Idiot!“
  • Verallgemeinern: „Nie gelingt es mir, meine Meinung durchzusetzen“, „Immer lasse ich mir diesen Mist aufs Auge drücken.“
  • Unüberprüfte Schlussfolgerungen ziehen: „Jetzt denken alle, ich habe keine eigene Meinung“, „Dadurch habe ich meinen guten Eindruck verspielt“, „Ich gebe auf. Ich schaffe es nicht.“
  • Abschwächen/beiseite schieben: „Da stehe ich drüber“, „Besser nicht weiter drüber nachdenken.“
  • Unrealistische Vorsätze fassen: „Jetzt werde ich es allen zeigen!“, „So etwas passiert mir nicht noch einmal!“, „Beim nächsten Mal kann der sich die Zähne an mir ausbeißen!“

Die Folgen der inneren Reaktion 

Die Gefühle sind die eine Sache – was sie in dir auslösen, ist noch eine ganz andere. Denn deine Reaktion auf die erfahrene Schwäche bleibt nicht ohne Wirkung auf dich – ganz gleich, wie schnell du die Erfahrung „wegpacken“ kannst.

Der Psychoanalytiker C. G. Jung hat das einfach und treffend folgendermaßen formuliert: „Es hängt alles davon ab, wie wir die Dinge sehen, und nicht davon, wie sie sind.“ Ihre Schwäche ist zunächst einmal nur ein bestimmtes Verhalten, das Sie zeigen – sonst nichts.

Es ist nur dein eigener Blickwinkel, der das so vermittelt. Und dieser Blickwinkel wird durch die eigenen Gedanken und Gefühle weiter zementiert. Prüfe deshalb, was in dir abläuft und wie es sich auf dich auswirkt. Allein die Erkenntnis befähigt dich, zukünftig (selbst-)bewusster mit Grenzen umzugehen und am Ende auch deine Schwächen als Stärken nutzen zu können.

3. Schritt: Entdecke Deine Fähigkeiten und Kompetenzen

Jetzt heißt es, die Fähigkeiten und Kompetenzen zu erkennen, die in deinen Schwächen stecken. Dieser Punkt ist ähnlich der Überlegungen, die in der SWOT Analyse vorkommen. Daher ergänzen sich diese Schritte ideal mit dieser. In diesem Schritt geht es um einzelne Schwächen oder Grenzen. Überlegen dir beispielsweise:

  • Was musst du beherrschen, um diese Schwäche einsetzen zu können?
  • Welche Fähigkeiten benötigen du für diese Schwäche?
  • Was verbirgt sich in ihr?

Schwäche = Stärke: Einige Beispiele 

  • Deine Schwäche: Ich unterbreche andere.
    Kompetenzen, Fähigkeiten, die sich offenbaren – Deine verborgene Stärke:
    Ich bilde mir schnell eine Meinung, kann schnell und auf den Punkt formulieren, bin hellwach, konzentriert und bemerke so Details, die hinterfragt werden müssen; ich steige aktiv in Gespräche ein.
  • Deine Schwäche: Meine Schlagfertigkeit lässt zu wünschen übrig.
    Kompetenzen, Fähigkeiten, die sich offenbaren – Deine verborgene Stärke:
    Ich bin authentisch in meinen Reaktionen, zahle nicht mit gleicher Münze heim, zeige meine Verletzlichkeit und Sprachlosigkeit, vermeide „heiße Luft“, halte nichts von Witzen auf Kosten anderer.
  • Deine Schwäche: Ich bin ein Perfektionist.
    Kompetenzen, Fähigkeiten, die sich offenbaren – Ihre verborgene Stärke:
    Ich achte auf Details, bin sehr gründlich, überlasse nichts dem Zufall, plane alles gewissenhaft, bin zuverlässig.

4. Schritt: Die positiven Auswirkungen deiner Schwäche für andere 

Deine Schwäche wird dir meist durch äußere Auslöser bewusst. Im Umgang mit Kollegen beispielsweise erlebest du dich als schüchtern. In einem Gespräch fällt eine Bemerkung, die ein Gefühl der Schwäche in dir auslöst. Du hörst, siehst oder liest etwas – es sind immer Impulse von außen, die wir aufgreifen und entsprechend „verwerten“.

Deine negative Wertung bei dieser „Verwertung“ hat allerdings wenig mit dem Auslöser zu tun – ein Feedback, das die negativen Folgen bestätigt, hast du gar nicht erhalten. Eine negative Wertung stützt sich auf eigene Innensicht, und so entsteht ein immer größeres Ungleichgewicht zwischen eigener Auffassung und dem Außen. Ändere gezielt deinen Blickwinkel, und mach dir die positiven Auswirkungen bewusst, die deine Schwäche dem Außen tatsächlich beschert, damit kannst du deine Schwächen als Stärken nutzen.

5. Schritt: Ziehe neue Schlussfolgerungen

Dank der Erarbeitung des 3. und 4. Schritts siehst du deine Schwäche nun in einem neuen Licht. Deshalb ist es mehr als angebracht, dass du auch eine neue Schlussfolgerung ziehst – also deine bisherige Wertung verabschieden und eine passendere formulierst. So verstärkst du deine innere Erkenntnis und Wandlung, sodass die Schwäche nicht länger als Schwäche betrachtet werden muss. Zumindest nicht in allen Situationen und Momenten.

Vielleicht ist deine neue Schlussfolgerung der neue Satz unter deiner SWOT-Analyse und das Fazit aus deinen Gedankengängen rund um deine Stärken und Schwächen aber auch deine Möglichkeiten, Grenzen und Chancen. Damit du auch wirklich lernst und erkennst, deine Schwächen als Stärken nutzen zu können.


Ausgabe 04/2021

Stärken und Schwächen

Hier kommst du zur gesamten Ausgabe und allen Inhalten des Glücksmagazins.

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