Glücklich im Sommer – Sommergefühle im hohen Norden

Wie die Finnen ihren Sommer feiern und warum südländisches Temperament nicht gleich Lebensfreude bedeutet

Summer. When the days get longer, the stars shine brighter, your hair gets lighter, the water gets warmer, the music gets louder and life gets better.

Mit den Festen rund um das Mittsommerfest feiern vor allem die Nordeuropäer den Beginn des Sommers und schmeißen mit einer großen Party die Sorgen und Gedanken an den Winter über Bord – oder eben ins Feuer. Sie sind einfach GLÜCKLICH IM SOMMER. Aber warum ist es eigentlich so, dass wir den Sommer so hochleben lassen und uns nichts sehnlicher wünschen, als gutes Wetter? Was steckt hinter dieser guten Sommerlaune und vor allem: Wie schaffen wir es, dieses Summerfeeling durch das ganze Jahr zu tragen? Werfen wir doch auch hier mal wieder einen Blick nach Finnland, das allen Studien zu Folge auch nach und vor dem Sommer recht glücklich zu sein schein.

Sie leben ruhig, zurückgezogen, sprechen wenig und sie spinnen – die Finnen. Das sagen zumindest viele Bücher und Artikel, die sich mit dem Stereotyp eines Finnen beschäftigt haben wollen. Denn in Finnland gibt es merkwürdige Spiele und Sportarten – wie z.B. „Eu­kon­kan­to: Frau­en­tra­gen“ oder „Suo­pot­ku­pal­lo: Matsch­fuss­ball“ und die Menschen in Finnland leben in der Wild­nis mit Mü­cken und El­chen, haben „Sisu“ (etwa: Un­nach­gie­big­keit oder Kampf­geist), tan­zen Tango und trin­ken viel Al­ko­hol. Au­ßer­dem haben die Fin­nen gute Heavy Me­tal-​ und Eth­no­mu­sik­bands, schnel­le Au­to­fah­rer und gute Eis­ho­ckey­spie­ler.

Na, was denkst du? Ist damit der typische Finne oder die typische Finnin beschrieben wurden? 

All das sind stereotypische Eigenschaften, die ganz bestimmt nicht auf alle finnischen Einwohne zutreffen und auf jeden Fall zum Teil überzogen sind. Aber so sind wir Menschen eben, wir haben Stereotypen im Kopf, Vorstellungen und vielleicht auch einige Vorurteile.

Was aber auf jeden Fall stimmt und als eine Art „Merkmal“ anzusehen ist, ist die Tatsache, dass die meisten Finnen ruhige Vertreter der Menschheit sind, Ruhe genießen, die Natur lieben und ein, sagen wir mal – entspannteres Temperament an den Tag legen.

Ich würde sagen sie haben eine gewisse Gelassenheit, die vielleicht in anderen Nationen nicht ganz so großzügig verteilt wurde. 😉

Und genau diese Gelassenheit und auch Beharrlichkeit, vielleicht auch ein gewisser Kampfgeist, hilft den Nordlichtern dabei, sich durch lange und dunkle Winter zu „kämpfen“.

Ist es dann aber soweit und der Sommer steht vor der Tür, werden die ruhigen und gelassenen Finnen zu echten Partytigern und freuen sich auf lange Tage, warme Temperaturen und jede Menge Aktivitäten in der Natur mit Familie und Freunden. Deshalb ist das Juhannus-Fest zur Sommersonnenwende auch ein solch wichtiger Teil der finnischen Kultur. 

Juhannus als perfektes Beispiel für Positive Psychologie – Glücklich im Sommer

Juhannus ist nicht nur ein nationaler Feiertag in Finnland, sondern auch ein wichtiger Teil der finnischen Kultur und ein perfektes Beispiel für die positive Psychologie in der Praxis.

Während Juhannus feiern die Finnen den Beginn des Sommers, das Ende der Schule und den Beginn der Ferienzeit. Viele Menschen nutzen die Gelegenheit, um aus der Stadt zu fliehen und Zeit in ihren Ferienhäusern in der Natur zu verbringen. Die meisten finnischen Ferienhäuser befinden sich inmitten von Wäldern und Seen, und es gibt keinen besseren Ort, um die Schönheit der finnischen Natur zu erleben. Die Finnen nutzen diese Zeit, um sich zu entspannen, Stress abzubauen und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Ein wichtiger Teil des Juhannus-Festes ist das Entzünden des Juhannuskokko, eines großen Feuers, das auf den meisten finnischen Sommerwiesen brennt. Die Finnen glauben, dass das Feuer böse Geister vertreibt und dass das Knistern des Feuers ein beruhigendes Geräusch ist, das die Menschen entspannt. Während die Flammen lodern, treffen sich Freunde und Familienmitglieder, um gemeinsam zu feiern. Es gibt Essen, Getränke und Spiele, und die Finnen nutzen die Gelegenheit, um gemeinsam Zeit zu verbringen und sich auszutauschen.

Party like a Finn – Juhannus von Finnland bis zu dir nach Hause

Wissenschaftlich belegt: Mehr Wohlbefinden im Sommer – nicht nur in Finnland

Es gibt mehrere Studien, die das Leben der Finnen im Winter und Sommer untersucht haben, insbesondere in Bezug auf Glück und Wohlbefinden.

So wurden, neben dem bekannten World-Happiness Report auch weitere Forschungen durchgeführt, die das Glück darstellen und den Weg dorthin erklären sollen. 

Es gibt tatsächlich einige Studien, die das Leben der Finnen im Winter und Sommer untersucht haben und wie es sich auf Glück und Wohlbefinden auswirkt. Immerhin steht Finnland bereits zum 6. Mal an de Spitze der glücklichsten Länder der Welt. Die meisten dieser Studien zeigen, dass das Wohlbefinden der Finnen im Sommer höher ist als im Winter und dass Naturerlebnisse im Sommer besonders positive Auswirkungen haben. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass jeder Mensch einzigartig ist und dass die Ergebnisse von Studien nicht auf jeden Einzelnen zutreffen.

Eine Studie von Korpela, aus dem Jahr 2016, untersuchte die Auswirkungen von Naturerlebnissen auf das Wohlbefinden von Menschen in Finnland. Die Studie fand heraus, dass diejenigen, die im Sommer in der Natur Zeit verbrachten, ein höheres Wohlbefinden und eine höhere Zufriedenheit mit ihrem Leben hatten als diejenigen, die dies nicht taten. Im Winter gab es keine signifikanten Unterschiede. Somit ist klar, dass der Sommer tatsächlich positive Auswirkungen auf das Leben der Finnen zu haben scheint.

Juhannus ist ein perfektes Beispiel dafür, wie die positive Psychologie in der Praxis funktionieren kann. Während des Festes konzentrieren sich die Finnen auf das Positive in ihrem Leben – sie feiern den Beginn des Sommers, die Schönheit der Natur und die Freundschaften und Familienbande, die sie haben. Indem sie sich auf das Positive konzentrieren, bauen sie ihr Wohlbefinden auf und stärken ihre sozialen Bindungen.

In der Tat hat die Forschung gezeigt, dass starke soziale Bindungen und das Gefühl, Teil einer Gemeinschaft zu sein, wichtige Faktoren für das Glück und das Wohlbefinden sind. Während Juhannus setzen die Finnen diese Erkenntnisse in die Praxis um und stärken ihre sozialen Bindungen durch gemeinsame Aktivitäten und Feiern. Dies kann dazu beitragen, ihr Glück und Wohlbefinden zu steigern und ihnen ein Gefühl der Zugehörigkeit zu vermitteln.

Insgesamt ist Juhannus ein wunderbares Beispiel für die positive Psychologie in der Praxis. Die Finnen nutzen diese Zeit, um sich zu entspannen, Stress abzubauen und sich auf das Positive in ihrem Leben zu konzentrieren. Indem sie ihre sozialen Bindungen stärken und ihre Gemeinschaft feiern, können sie ihr Glück und Wohlbefinden steigern. 

Glücklich im Sommer – Warum sind dann die typischen Urlaubsländer wie Spanien oder Portugal nicht einmal in den Top 10 des World-Happiness Reports?

In Finnland ist der Sommer das Highlight des Jahres. Sommercafés öffnen, das Leben findet wieder draußen statt und die Finnen leben am Wochenende in ihren Wochenendhäusern auf dem Land. Aber spätestens im September werden die Tage wieder kürzer und es geht steil in Richtung dunkle Jahreszeit. Der Winter ist nämlich weitaus länger und kräftezehrender, als der Sommer Sonnenschein versprühen kann. Und trotzdem ist Finnland das glücklichste Land der Welt. Spanien und Portugal, die man eigentlich als Happy Nationen beschreiben würde, stehen weit abgeschlagen auf den Plätzen 32 und sogar 56!

Aber warum sind die „typischen europäischen Urlaubsländer“ nicht unter den glücklichsten zu finden?

1. Messung von Glück:

Die Messung von Glück ist ein komplexes Thema und es gibt verschiedene Methoden und Studienmöglichkeiten dafür. Die meisten Ranglisten der glücklichsten Länder basieren auf Umfragen, die von Einwohnern des Landes durchgeführt werden. Es ist jedoch möglich, dass diese Umfragen kulturelle Unterschiede in Bezug auf die Wahrnehmung von Glück und Lebenszufriedenheit nicht berücksichtigen.

2. Wirtschaftliche Situation:

Einige der glücklichsten Länder der Welt haben eine starke und stabile Wirtschaft, während Länder wie Spanien und Portugal in der Vergangenheit unter wirtschaftlichen Schwierigkeiten gelitten haben. Eine schwächere Wirtschaft kann das Wohlbefinden und die Lebenszufriedenheit der Menschen beeinträchtigen.

3. Kulturelle Unterschiede:

Die kulturellen Unterschiede zwischen Ländern können einen Einfluss darauf haben, wie Menschen ihr Glück und ihre Lebenszufriedenheit wahrnehmen. Einige Länder haben eine Kultur, die sich mehr auf materielle Güter und beruflichen Erfolg konzentriert, während andere Länder eine Kultur haben, die sich mehr auf soziale Beziehungen und Freizeitaktivitäten konzentriert.

4. Tourismus:

Die Tourismusbranche in Ländern wie Spanien und Portugal kann dazu führen, dass die Einwohner des Landes eine hohe Arbeitsbelastung und Stress erfahren. Dies kann das Wohlbefinden und die Lebenszufriedenheit beeinträchtigen, insbesondere wenn die Einwohner das Gefühl haben, dass die Bedürfnisse der Touristen ihren eigenen Bedürfnissen vorgezogen werden.

Es ist wichtig zu betonen, dass das Glück und die Lebenszufriedenheit einer Gesellschaft von vielen verschiedenen Faktoren abhängen und nicht nur von der geografischen Lage oder der Anzahl der Touristen, die das Land besuchen.

Süd vs. Nord: Temperament vs. Lebensfreude

Für mich war es das erste, was ich fragwürdig fand, als ich von den schlechteren Plätzen der südlichen Länder Europas erfahren habe. „Aber die sind doch so lebensfroh, haben ein südländisches Temperament und sind so offen und aufgeschlossen. Warum dann so „unglücklich“?

Und das ist genau der Punkt, der uns in unserem Umgang und der, ich nennen es provokant „Bewertung“ von Menschen einen Streich spielt. Denn wenn jemand laut und outgoing ist, dann bedeutet das nicht, dass er Lebensfreude versprüht, sondern lediglich sein Temperament zeigt. Hört man genauer hin, dann sind es vielleicht eher „Beschwerden“ oder auch lautstarkes Aufregen, allerdings nicht das herausschreien der wahren Happiness.

Daher stellen wir jetzt mal Temperament dem Begriff der Lebensfreude gegenüber:

Temperament und Lebensfreude sind zwei verschiedene Konzepte, die sich auf unterschiedliche Aspekte der menschlichen Erfahrung beziehen.

Fazit

Obwohl es eine Verbindung zwischen Temperament und Lebensfreude geben kann, sind es dennoch unterschiedliche Konzepte. Ein Mensch mit einem ausgeprägten Temperament kann eine positive Lebenseinstellung haben und viel Freude im Leben finden, während eine Person mit einem weniger stark ausgeprägten Temperament trotzdem in der Lage sein kann, ein erfülltes und glückliches Leben zu führen.

Die Präsenz des Sommers kann auch ihren positiven Beitrag zu Lebensfreude und einer gesunden und positiven Einstellung zum Leben hinzugeben. Und zwar egal, ob in Spanien, Portugal, Südafrika oder eben Finnland. Glücklich im Sommer ist also ein Phänomen, das uns alle betriff.

Die Sonne macht eben gute Laune und vor allem dann, wenn sie etwas Besonderes bleibt, das über einen gewissen Zeitraum gefeiert und ausgelebt werden kann. 

Und am Ende sind wir alle eines: Individuen, die komplett andere Vorstellungen vom Leben, und ihrem eigenen Glück – Mit ganz unterschiedlichem Temperament und ganz unterschiedlichen Gewohnheiten und Vorlieben. Denn auch der Winter kann verzücken und das Glück sprießen lassen. Das zeigen uns die Finnen und Nordeuropäer schon lange – Unaufgeregt, einfach und glücklich.

Warum der Sommer uns allen so gut tut, kannst du auch in Ausgabe 03/2022 des Glücksmagazins nachlesen, in der genau das das Titelthema im letzten Sommer war.

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