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Es ist nur allzu menschlich, Stärken und Schwächen zu haben. Das gehört einfach zu unserer Persönlichkeit hinzu. Doch die wenigsten Menschen wissen, wie sie mit ihren eigenen Stärken und Schwächen umgehen können, um den größtmöglichen Nutzen daraus zu ziehen. Außerdem fällt es uns in den meisten Fällen viel schwerer unsere Stärken zu erkennen. Die Schwächen werden ratz fatz aufgezählt, bei den Stärken kommen allerdings viele ins Stocken. Doch wie gehe ich mit dem Wissen um meine Stärken und Schwächen um? Wie setze ich sie so ein, dass ich mich mit all meinen Ecken und Kanten wohl und glücklich fühle?
Verhaltensweisen, Eigenschaften, körperliche Merkmale und sonstige Dinge sind grundsätzlich erst einmal wertneutral. Sie sind einfach vorhanden oder eben nicht. Es ist die Bewertung durch uns selbst oder Andere, die sie zu den umgangssprachlichen Stärken oder Schwächen macht. Ob sie dabei als positiv oder negativ eingeschätzt werden, hängt von vielen Faktoren ab. Modeerscheinungen und aktuelle Sichtweisen sind dabei nicht selten ausschlaggebend. Selbst eine Eigenschaft, die uns momentan als positiv erscheint, kann uns zu einem anderen Zeitpunkt vehement stören. Damit würde eine Stärke in anderen Situationen zu einer Schwäche werden.
Auch die persönliche Einstellung ist mit entscheidend, ob eine Eigenschaft oder eine Fähigkeit positiv oder negativ eingeschätzt wird. Dabei sind wir selbst sehr viel kritischer, als unsere Umwelt und unsere Mitmenschen, die unser Verhalten ja direkt miterleben.
Doch bevor wir in diese Thematik und diesen Bereich der Positiven Psychologie noch weiter eintauchen, stellt sich die Frage:
Stärken werden oft mit ähnlichen Begriffen wie Talenten, Fähigkeiten oder Interessen verwechselt. Auch wenn sie ähnlich sind, unterscheiden sie sich doch voneinander.
Talente sind meist Verhaltensweisen, die ich gut kann, weil sie mir in die Wiege gelegt wurden. Vielleicht ist jemand besonders musikalisch und lernt Instrumente sehr schnell oder du kannst unfassbar gut kochen. Talente sind Verhaltensweisen, die wir nicht wirklich üben müssen, um sie gut zu können. Wir haben eben ein Talent dafür.
Fähigkeiten oder Skills sind dagegen Verhaltensweisen oder auch Abläufe, die ich viel geübt oder trainiert habe und deshalb gut kann. Das können Sportarten, berufliche Fähigkeiten, handwerkliche Fähigkeiten und vieles mehr sein. Wenn ich jahrelang geübt habe, wie man hübsche Mützen strickt, dann ist dies eine erlernte Fähigkeit, aber keine Stärke.
Interessen sind Dinge, für die ich mich begeistere. Oft treffen sie mit unseren Talenten zusammen. Wenn ich gut Basketball spielen kann, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ich mich für diese Sportart mehr begeistere, als der Durchschnittsmensch. Aber auch hier reden wir nicht von Stärken.
Manchmal mogeln sich auch Werte in den Begriffs-Pool rund um das Wort „Stärke“, nicht ganz unberechtigt, denn Stärken und Werte stehen sich oft sehr nahe. Aber ein Wert, wie Pünktlichkeit oder Zuverlässigkeit, ist keine Stärke, sondern etwas, das mir wichtig ist und sich deshalb meist im Verhalten zeigt.
Unsere Stärken sind positive Eigenschaften, die bestimmen, was wir tun, wie wir denken und fühlen und wer wir sind. Sie sind ein Dreiklang von Denken, Fühlen und Handeln und zeigen sich dementsprechend auch in unserem Verhalten, unseren Gedanken und unseren Gefühlen. Damit gehen sie über den Bereich der Verhaltensweisen hinaus. Und Stärken sind grundsätzlich gut bzw. haben positive Auswirkungen.
Alles, was anderen oder sich selber schadet, ist entweder keine Stärke oder eine Stärke, die unter- oder übertrieben wird. Und an dieser Bergriffs-Auflistung siehst du, dass es gar nicht so einfach ist, Stärken zu definieren. Auch in der Positiven Psychologie gibt es keine genaue Beschreibung dazu. Es ist eher eine Art „Ausschlusskriterium“ oder grobe Darstellung. Aber ich bin mir sicher, wir sind jetzt auf derselben Spur und du kannst mir folgen. Glaub mir, es wird gleich klarer.
In der Psychologie gibt es schon seit Jahrzehnten eine Einteilung und Klassifikation für psychische Symptome und Erkrankungen. Diese hilft psychische Erkrankungen zu kategorisieren und damit eine gemeinsame Sprache für diese Themen zu haben.
Für die positiven Eigenschaften von Menschen gab es bis vor einigen Jahrezehnten keinen solchen Ansatz. Bis zum Jahr 2004, als das Buch „Character Strength and Virtues: A Handbook and Classification” von Martin Seligman und Christopher Peterson veröffentlicht wurde.
In diesem Buch beschreiben die Autoren 24 Charakterstärken, die heute ein zentrales Modell der Positiven Psychologie und so etwas wie die Grundlage aller Forschungen sind.
Seligman und Peterson, die als große Namen der Positiven Psychologie stehen, haben diese Auflistung der 24 Charakterstärken gemeinsam mit einer Vielzahl von Forschern aus verschiedenen Fachbereichen erstellt. Mehr als 50 Experten aus Psychologie, Sozialwissenschaften, Philosophie und Theologie haben über einen Zeitraum von drei Jahren verschiedene Quellen und Schriften analysiert.
Es ging darum eine gemeinsame Sprache dieser Quellen zu finden. Inhalte aus 3000 Jahren und aus der ganzen Welt mit den wichtigsten Schriften aus dem Buddhismus, Hinduismus, Taoismus, Christentum, Judentum, Konfuzianismus und Islam, Schriften von antiken Philosophen, bedeutende Reden von zeitgenössischen Persönlichkeiten, wie Benjamin Franklin, aber auch modernere psychologische Schriften. Ebenso wurden Statements der amerikanische Pfadfinder, populäre Songtexte, Graffitis, Tarotkarten, Autosticker, Grußkarten und sogar Profile von Pokémon-Charakteren in Augenschein genommen. Mein absolutes Highlight: Die Mottos der Wohnheime von Hogwarts, die ebenfalls Teil der Quelle der Untersuchung waren. Diese Forschung stelle ich mir zwar sehr schwierig und kleinteilig vor, aber durch die Mischung mit aktuellen Inhalten extrem interessant bis lustig!
Im Anschluss wurden die in den Quellen und Schriften gesammelten Stärken anhand vorher festgelegter Kriterien geprüft. So wurden z.B. die Stärken „Ehrgeiz“ und „Autonomie“ nicht in den Katalog übernommen, da sie vor allem westlich geprägt sind.
Am Ende blieben 24 Charakterstärken, die den sechs Tugenden zugeordnet wurden.
In interkulturellen Forschungen konnte dann Robert Biswas-Diener 2006 belegen, dass die 24 Charakterstärken in verschiedensten Kulturen (z. B. Massai in Kenia, Inuit in Nordgrönland) als positive Stärken existieren.
Kognitive Stärken, die den Erwerb und den Gebrauch von Wissen beinhalten:
Emotionale Stärken, die mittels der Ausübung von Willensleistung internale und externale Barrieren zur Erreichung eines Zieles überwinden.
Interpersonale Stärken, die liebevolle, menschliche Interaktionen ermöglichen.
Stärken, die das Gemeinwesen fördern.
Stärken, die Exzessen entgegenwirken.
Stärken, die uns einer höheren Macht näherbringen und Sinn stiften.
Neben der Benennung und Kategorisierung von Charakterstärken war es von Anfang an Teil des Forschungsprojekts, auch ein Messinstrument zu entwickeln. Nach mehreren Überarbeitungen wurde der VIA-Fragebogen im Jahr 2004 der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Der VIA-Fragebogen ist ein Selbstbeurteilungsfragebogen, der die Nutzung der 24 Charakterstärken anhand von 120 Fragen erfasst. Der Fragebogen wurde mittlerweile in mehr als 35 Sprachen übersetzt. Als Ergebnis gibt er eine Rangfolge der Nutzung der 24 Charakterstärken und bietet dadurch eine Grundlage für das Erkennen eigener Stärken, für die individuelle Arbeit mit Stärken und für die Entwicklung eigener Stärken.
Hier geht es zum Test
Neben den eigenen Stärken solltest du auch deine persönlichen Schwächen kennen. Nur wenn du deine Schwächen identifizierst und anerkennst, kannst du deine Stärken voll entfalten und ausbauen. Solange deine Schwächen im Schatten sind, bestimmen sie dein Handeln und halten dich davon ab, dein Leben frei zu gestalten.
Nur diejenigen, die in der Lage sind, ihre Schwächen zu akzeptieren, können auch über sie hinauswachsen. Dabei sind deine Schwächen nicht gleichzusetzen mit deinen Charakterstärken, die bei dir am wenigsten ausgeprägt sind.
Beispiele für Schwächen können sein:
Dabei haben Schwächen zwei Seiten: Sie können dich paralysieren oder dich auffordern, über dich selbst hinauszuwachsen und dir dabei helfen, alte Denk- und Verhaltensweisen zu überdenken oder gar ganz abzulegen. Aber trotzdem bleiben sie Schwächen und als diese sollten sie anerkannt werden. Es geht lediglich darum, mit dem Wissen um deine Schwächen z.B. bessere Entscheidungen zu treffen.
Unsere Stärken und auch Schwächen bilden einen wichtigen Teil unserer Persönlichkeit. Sie gehören zusammen, existieren nebeneinander und das Wissen um beide bringt uns nicht nur im Leben weiter, sondern verhilft uns auch zu mehr Wohlbefinden und Happiness.
Die Glücksforschung zeigt eindeutig:
Es lohnt sich mehr unsere Stärken zu entwickeln, anstatt übermäßig Energie für unsere Schwächen aufzuwenden.
Leider ist das oft der Weg. Vermutliche Schwächen sollen behoben und an ihnen gearbeitet werden. NEIN!
Wichtig ist, dass wir all das, was wir als Schwäche erleben, auch als Schwäche sehen sollten und nicht immer als „Vorstufe zu einer möglichen Stärke“ oder „Entwicklungspotenzial“. Denn so wie jede:r von uns Stärken hat, hat auch jede:r Schwächen. Aus denen werden nie Stärken, egal wie viel Aufwand wir hineinstecken. Deswegen ist es empfehlenswert, diese Schwächen erst einmal anzunehmen. Wir können, müssen und werden nicht alles gleich gut können. Und das ist auch gut so!
Stärken und Schwächen
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