Das digitale Glücksmagazin
Ob Saftkur oder Zuckerersatz – Gerade wird Social Media von Superfoods, Mittelchen, Diäten und Wunderpulvern überschwemmt. Ist ja auch immerhin noch recht jung das Jahr und die Motivation der Konsumenten groß. Jeder möchte gesünder und vor allem schlanker sein, möchte sich fitter fühlen und mehr Energie haben. Superfoods und neue, innovative Produkte machen es möglich. Aber was steckt hinter diesen Versprechungen und sind sie am Ende vielleicht sogar gefährlich?
Es kann ja nicht so schwer sein mit dem schlanken und gesunden Körper, oder? Immerhin zeigen es uns jeden Tag viele öffentliche Gesichter bei Instagram oder TikTok. Hier ein Shake, da eine Handvoll Kapseln mit Vitaminen und Co. und schon sind wir mit Gesundheit und Glück gesegnet, stehen gut gelaunt um 5 Uhr früh auf und starten mit Fitness in unsere neue Morgenroutine.
Das ist aber leider alles andere als etwas, wo man sich ein Vorbild nehmen könnte. Es ist eher eine Marketing-Methode, die nicht toxischer sein könnte. Nämlich dem Spiel mit der Sehnsucht nach Gesundheit und einem glücklichem Leben.
Es sind u. a. Zeitschriften, die mit Headlines wie „In 10 Tagen 10 kg abnehmen – ganz ohne Hunger und Sport“ die Aufmerksamkeit wecken und damit die Kaufkraft stärken wollen. Erst kürzlich gab es den Fall einer Influencerin, die ihre Nahrungsergänzungsmittel via Instagram als „Krebsheilungsmittel“ angepriesen hat. Versprechen solcher Art finden sich immer wieder. Marketing auf Kosten von Angst und Wünschen. Dabei sollte man denken, dass wir heute aufgeklärter sind und wissen müssten, dass es nunmal keine Wundermittelchen gibt.
Es ist noch gar nicht so lange her, dass das Thema „Superfoods“ wie aus dem Boden gestampft, plötzlich allgegenwärtig war. Verkauft werden Superfoods schon lang, aber mit gekonnten Werbemaßnahmen wurden plötzlich Bio-Märkte IN und Superfoods gehörten nicht nur im hippen Berlin oder schicken Eppendorf auf den Tisch, sondern schafften es nach und nach auch in normale Supermärkte. Heute findet man sie überall und auch alle Discounter führen sie im Sortiment. Dennoch gibt es bisher keine offizielle Definition oder gesetzliche Regelung.
Als „Superfoods“ werden meist natürliche und exotische Lebensmittel mit einem höheren Gehalt an Vitaminen und/oder Mineralstoffen sowie sekundären Pflanzenstoffen angeboten. Sie werden selten frisch, sondern meist getrocknet, als Püree oder Extrakt verkauft. Es gibt sie auch als Anreicherung in funktionellen Lebensmitteln (etwa Brötchen mit Chiasamen) oder in Kapsel- und Pulverform als Nahrungsergänzungsmittel. Außerdem finden Superfoods – oft als Pulver – Einsatz als Zutat für besonders „gesunde“ Rezepte (zum Beispiel für Müslis, Smoothies, Riegel).
Superfoods werden allerlei gesundheitsfördernde Eigenschaften zugeschrieben. Meist sollen sie verschiedenen Krankheiten vorbeugen und außerdem satt und schlank machen. Besonders hervorgehoben wird ihr antioxidatives Potential. Kein Wunder also, dass für 48 % der Bevölkerung Superfoods zu einer gesundheitsbewussten Ernährung dazugehören.
Fakt ist allerdings, dass für die beworbenen gesundheitsfördernden Eigenschaften weitgehend die wissenschaftlichen Nachweise fehlen. Es wird also auf Werbung und Slogans vertraut, ohne genauer hinzusehen und sich zu informieren.
Die meisten Aussagen zu Superfoods stammen von Firmen, Beratern oder Coaches sowie den vielen verschiedenen Testimonials oder auch Influenzern, die für die Bewerbung der Produkte sehr gut bezahlt werden. Falsche Versprechungen über hochgelobte Produkte und deren Eigenschaften ist dabei weit verbreitet – Superfoods in neuer Form in Nahrungsergänzungsmitteln. Und wir alle wissen, auch bei den überall zu findenden Erfahrungsberichten in Social Media: Definitiv mehr Schein als Sein. Ob die Produkte nämlich wirklich benutzt werden, lassen wir mal offen.
Mittlerweile gibt es viele Berichte und gute Reportagen, die die beworbenen Gesundheitversprechen mit eigenen Untersuchungen und Tests wiederlegen konnten. Und trotzdem wird weiter die Gesundheits-Werbekeule geschwungen und es gibt anscheinend genug Käufer für diese Produkte.
Fakt ist nämlich, dass gesicherte Daten zu Enzym-Gehalten oder den Mengen einzelner sekundärer Pflanzenstoffe in der Regel fehlen. Die Folge: Superfoods sind oft einfach nicht ausreichend untersucht, um sie gesundheitlich bewerten zu können.
Auch bei Superfood-haltigen Nahrungsergänzungsmitteln ist der ausgelobte Gesundheitsnutzen meist nicht wissenschaftlich nachgewiesen und die genaue Zusammensetzung oft nicht bekannt. Die in den Produkten hervorgehobenen Vitamine und Mineralstoffe sind nicht selten künstlich hinzugefügt. Das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart konnte bei Untersuchungen im Jahr 2017 bereits zeigen, dass 90 % der überprüften Proben Mängel in der Kennzeichnung aufwiesen. In den meisten Fällen handelte es sich dabei um fehlende Mengenangaben zu beworbenen Nährstoffen oder um die Verwendung unzulässiger nährwert- und gesundheitsbezogener Angaben.
Wichtig an dieser Stelle ist aber auch zu sagen, dass Superfoods ‒ sofern sie nicht gerade in Kapselform eingenommen werden ‒ unseren Speiseplan durchaus bereichern und ganz neue Geschmackserlebnisse mit sich bringen. Allerdings ist ein gesundheitlicher Mehrwert im Vergleich mit der Vielzahl heimischer Gemüse und Früchte nicht zu erwarten.
„Superfood ist ein Marketingbegriff, der gesetzlich nicht reguliert ist. Er beschreibt (teure) Lebensmittel und Nahrungsergänzungen mit (zumeist) vorgeblichen Gesundheitsaussagen (Health Claims), die auf schwacher wissenschaftlicher Evidenz beruhen.“Prof. Dr. Marc Birringer, Hochschule Fulda, auf der Veranstaltung „Super(?)foods and Supplements – Risky or Healthy?” am 30.06.2022 des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) und des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)
„Superfood ist ein Marketingbegriff, der gesetzlich nicht reguliert ist. Er beschreibt (teure) Lebensmittel und Nahrungsergänzungen mit (zumeist) vorgeblichen Gesundheitsaussagen (Health Claims), die auf schwacher wissenschaftlicher Evidenz beruhen.“Prof. Dr. Marc Birringer, Hochschule Fulda,
Superfoods können durchaus Teil einer gesunden und abwechslungsreichen Ernährung sein. Aber sie sind kein Ersatz dafür.
Was viele vergessen ist, dass auch viele heimische Obst- und Gemüsesorten, Getreidearten, Hülsenfrüchte und Kräuter reich an gesunden Nährstoffen sind und den den exotischen Superfoods in nichts nachstehen. Sie werden nur eben nicht so gehyped und durch überzogene Werbung und Anpreisung dargestellt – LEIDER!
Eine gesunde Ernährung ist eben auch mit heimischen Lebensmitteln möglich und braucht keine exotischen Superfoods.
„Besser zu viel als zu wenig!“, denken viele Menschen, wenn es um Nährstoffe geht. Doch auch Vitamine oder Mineralstoffe können dem Körper schaden, wenn man zu viel davon zu sich nimmt. Vorsicht gerade bei Superfoods angebracht, die als Nahrungsergänzungsmittel angeboten werden, denn darin kann der Gehalt der Inhaltsstoffe anders als bei Arzneimitteln sehr schwanken. Dies liegt an unterschiedlichen Rezepturen und Herstellungsmethoden.
Aber auch aus anderen Gründen sollte man Superfoods nicht bedenkenlos zu sich nehmen. So enthalten etwa Acai-Beeren den Stoff Mangan, der in großen Mengen möglicherweise die Aufnahme von Eisen im Körper verschlechtert. Außerdem kann die Einnahme von rohen, nicht vorgequollenen Chiasamen zu Blähungen und Verstopfungen führen, wenn man nicht genug Wasser dazu trinkt. Und wusstest du, dass Menschen, die Medikamente einnehmen, besonders vorsichtig sein sollten? Einige Superfoods können in Kombination mit bestimmten Medikamenten auch der Gesundheit schaden.
Superfoods stammen überwiegend aus fernen Ländern, in denen andere Gesetze für den Anbau gelten als hierzulande. Dadurch kann es passieren, dass die Pflanzen mit Schwermetallen, Mineralölen, Insektengiften oder Bakterien belastet sind. Für den langen Transport bis nach Deutschland müssen die Produkte oft durch Konservierungsmittel haltbar gemacht werden, damit sie noch reif bei uns ankommen. Geerntet werden daher oftmals unreife Produkte. Durch das Haltbarmachen und die zum Teil wochenlange Lagerung auf Schiffen gehen viele wertvolle Inhaltsstoffe verloren.
Wie sieht das bei dir aus? Kaufst du bewusst Bio-Obst und -Gemüse etwa auf dem Bauernmarkt ein, um Schadstoffe und Co. möglichst zu vermeiden? Dann wäre es also jetzt an der Zeit auch über deinen Superfood-Konsum nachzudenken, der dir quasi die gesparten Schadstoffe direkt wieder in die Küche spült.
Wissenschaftlich konnte also größtenteils nicht belegt werden, was Superfoods versprechen. Sie enthalten zwar viele gesunde Nährstoffe, die allerdings auch auch in anderen Lebensmitteln zu finden sind. Viele heimische Produkte, die man nicht als „Superfood“ bezeichnet, besitzen genauso viele Nährstoffe – zum Teil sogar noch mehr:
In Schwarzen Johannisbeeren zum Beispiel steckt mehr als dreimal so viel Vitamin C (175 mg/100 g) wie in getrockneten Goji-Beeren (48 mg/100 g).
Heimische Lebensmittel sind zudem oftmals preiswerter als die Exoten. Man kann sie im eigenen Garten anbauen oder zumindest regional und zur richtigen Saison kaufen. Da sie dann nicht so weit transportiert werden müssen, schont man mit ihrem Kauf auch die Umwelt. Dazu findest du auch einen weiteren Artikel: „Ernährung: Saisonal und Regional“
Das heißt jetzt nicht, dass du all deinen angesammelten Superfood-Schätze sofort vernichten solltest. Aber vielleicht denkst du wirklich etwas mehr über deinen Verbrauch nach. Sowohl bei den Lebensmitteln selbst, aber vor allem bei der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln sollten wir alle überlegen, ob wir sie wirklich benötigen. Auf der einen Seite sollte es mit einem Arzt abgeklärt werden, damit die richtige Dosierung mit den richtigen Nährstoffen erfolgt und auf der anderen Seite ist da auch die einfache, ganz normale Ernährung. Essen mit Genuss von regionalen Köstlichkeiten, frischem Obst und Gemüse und vielleicht dem ein oder anderem Superfood Topping für den Coolness Faktor und ein paar mehr Geschmacksmomente.
Superfoods können zwar den Speisenplan abwechslungsreicher gestalten, sind aber meist teuer und oft exotischer Herkunft. Viele heimische Lebensmittel bieten ebenso viele wertvolle Inhaltsstoffe wie die Superfoods. Zudem gibt es sie meist in frischer Qualität, aus regionalem Anbau und oft unverpackt.
Welche exotischen Superfoods du mit heimischen Lebensmitteln ersetzten kannst, erfährst du im digitalen Magazin ab Seiten 25.
Toxische Positivität
Hier kommst du zur gesamten Ausgabe und allen Inhalten des Glücksmagazins.
Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert
Kommentar *
Name
E-Mail
Website
Kommentar abschicken