Finnische Gelassenheit und die Liebe zu Büchern

Finnische Gelassenheit und die Liebe zu Büchern

Finnische Gelassenheit ist etwas, was in vielen Situationen wünschenswert ist. Bestimmt kennst du diese Momente, in denen man sich wünscht einfach darüber hinwegsehen zu können, was gerade passiert. Zu erkennen, dass wir es nicht ändern können und entspannt mit der Situation umgehen können. Ich kann dir an dieser Stelle sagen: Finnische Gelassenheit kann man lernen! Wie wäre es mit einer Portion finnische Gelassenheit?

Denn zur finnischen Gelassenheit zählt auch die Fähigkeit im Moment zu leben – sich Zeit für sich zu nehmen und bewusst den Tag zu erleben. Denn erst dann erkennt man, was wichtig und richtig ist und kann bestimmte (oft auch stressige) Situationen besser einschätzen und betrachten. In der Kategorie „Lifestyle“ kannst du etwas zum Thema „Slow Living“ erfahren. Dort habe ich das Beispiel mit der Warteschlange am Supermarkt verwendet: Dieser Moment, wenn man sich ärgert in der langsameren Schlange zu stehen und seine Zeit mit Warten vergeudet. Gelassenheit beim Warten? Oft Fehlanzeige. Dabei könnte es so einfach sein. Es sind immer die kleinen Momente, in denen wir uns das Leben schwerer machen und damit in stressige Situationen geraten. Denn den Druck machen wir uns selbst.

Genau dieses „Im Jetzt leben“ haben die Finnen einfach drauf. Es ist das bewusste genießen der eigenen Zeit, was den Tag irgendwie entspannter sein lässt. Finnische Gelassenheit, die man sich abgucken sollte.

Gerade in Zeiten wie diesen ist ein Blick auf diese finnische Lebensart durchaus sinnvoll. Und zwar nicht aus dem Grund, weil der World Happiness Report schon mehrfach Finnland als das glücklichste Land gekürt hat. 

Es geht eher um das Drum-Herum der finnischen Lebensart und dem Blick auf das Leben selbst – finnische Gelassenheit in jeder Situation.

Momente der finnische Gelassenheit

Eines wird immer wieder mit dem finnischen Glück in Verbindung gebracht: Die Natur. Die ist natürlich sehr schön in Finnland, aber es geht eher um das Leben in und mit der Natur. Denn die Finnen lieben es, ihre Gummistiefel anzuziehen, in den Wald zu gehen und dort einfach zu entspannen, runterzukommen, durchzuatmen und zu einfach sein.

Ein Waldspaziergang ist die einfachste Stresstherapie. Das ist wissenschaftlich bewiesen. Denn schon 15 Minuten im Wald entspannen so, dass sich der Herzschlag signifikant verlangsamt. 

Und genau wie die Pause im Wald, nehmen es die Finnen auch mit ihren Pausen über den Tag verteilt sehr ernst. Pause ist Pause und wird entweder an der frischen Luft oder mit Kolleg:innen verbracht. Weg vom Thema der Arbeit.

Auch der regelmäßige Gang in die Sauna ist ein wichtiger Bestandteil der finnischen Lebensqualität. Denn diese Zeit ist Ruhe und Entspannung, um gelassener im Alltag zu sein und dem Stress damit erst gar keine Gelegenheit zu geben den Tag zu vermiesen.

Tatsächlich zählen auch Kunst und Kultur zu den beliebtesten Aktivitäten der Finnen. Die zeitgenössische Kunstszene ist in Finnland unglaublich vielfältig. Finnland ist ein Land der Extreme und Kontraste und der innigen Beziehung zur Natur. All das ist für die örtlichen Künster:innen die ideale Inspiration. Mit dem Betrachten von Kunst beruhigen die Finnen ihre Seele und gehen auf geistige Wanderschaft zu stressfreien, tröstenden Orten. 

Die Bücherliebe der Finnen

Und solche tröstlichen oder auch träumerischen Orte finden die Finnen auch dank ihrer Bücherliebe. Finnlands beliebteste literarische Charaktere sind die Mumins. Die weißen Nilpferd-artigen Figuren sind unglaublich beliebt. Erfunden hat sie in den 1940er Jahren Tove Jansson. Heute gehören die Mumins fest zur finnischen Identität., Sie haben ganze Generationen durch ihre Kindheit begleitet und natürlich kann man sie in Finnland in jeder Bibliothek ausleihen. 

Und die finnische Bibliothek-Kultur gehört ebenfalls in die Kategorie „Stressfreier Alltag dank finnischem Lifestyle“. Denn Bibliotheken und das Lesen sind wichtige Elemente im Leben der Finnen. 

Etwa ein Drittel der Finnen liest mindestens ein Buch pro Monat. In eine Bibliothek gehen die Finnen durchschnittlich zehnmal jährlich und sie leihen etwa 70 Millionen Bücher aus. Umgerechnet auf die Gesamtbevölkerung bedeutet das, dass sich jeder Finne und jede Finnen etwas mehr als ein Buch pro Monat ausleiht. Hinzu kommen die Buchverkäufe im normalen Buchhandel. Und genau hier liegt der Unterschied zu den Deutschen Leser:innen. Denn während in Finnland der Großteil über die Bibliotheken zum Lesestoff kommt, kaufen die Deutschen ihre Literatur lieber selbst. Tatsächlich sind etwa 40% der Deutschen mindestens einmal mit einem Buch in der Woche beschäftigt, lesen dann allerdings eher weniger und kürzer als die Finnen.

Ein Grund für die Leseliebe der Finnen ist wohl auch, dass dafür bereits in der Grundschule der Grundstein gelegt wird. Denn hier wird den Schülern:innen die Freude am Lesen vermittelt und auch Ausflüge in Bibliotheken stehen auf dem Programm. Denn es gibt keine in der Schulzeit keine Pflichtbücher, die gelesen werden müssen, sondern man geht davon aus, dass jeder genau das Buch findet, was das richtige für ihn oder sie ist.

Auch Hausaufgaben oder Prüfungen haben nichts mit dem Lesen der Bücher zu tun. Das Lesen wird somit nicht mit dem Leistungsdruck in Verbindung gebracht und macht daher einfach Spaß.

Bibliotheken als Wohnzimmer der Finnen

Vergleicht man eine deutsche Bibliothek mit einer finnischen werden schnell einige Unterschiede deutlich. Zum einen das Design der Gebäude oder der Inneneinrichtungen, das in den meisten deutschen Bibliotheken im letzten Jahrhundert stehen geblieben ist. Die finnischen Bibliotheken sind besondere und wichtige Orte für die Bevölkerung und werden dementsprechend ausgestattet, finanziert und auch beachtetet. Hier trifft man sich, hier findet man neue Geschichten und liest und hier spielt sich ein Teil des Lebens ab.

Denn mal Hand aufs Herz: Wann warst du das letzte Mal in einer deutschen Bibliothek (außerhalb der Schul- oder Studienzeit), um ein bisschen Freizeit zu verbringen?

Die finnischen Bibliotheken stellen aber nicht nur Bücher oder andere Medien zur Verfügung, sondern bieten auch Kreativräume. Also offene Räume, in denen Menschen kreativ mit modernster Technologie an physischen Objekten arbeiten können. So stehen in der Bibliothek Oodi in Helsinki unter anderem 3d Drucker zur Verfügung, Nähmaschinen können benutzt werden, es gibt verschiedene Kurse und Angebote vor allem für Kinder und Jugendliche, in kleinen Tonkabinen kann man Songs aufnehmen oder Podcast erstellen und das Ambiente lädt einfach dazu ein es sich gemütlich zu machen und seine Zeit dort zu verbringen. Oodi wird nicht ohne Grund als das „Wohnzimmer von Helsinki“ betitelt.

Aber auch kleinere und andere Bibliotheken werden gern und oft besucht. Die meisten Gemeinden, Stadtteile oder Städte haben ihre eigenen Bibliotheken und sogar mobile Bibliotheksbusse machen ihren Weg durch das Land. Bestückt mit jeder Menge Geschichten, aufregenden Romanen oder Sachbüchern erreichen sie so auch abgelegene Orte und Bereiche des Landes. Und auch im Raum Helsinki ist der Bibliotheksbus beliebt.

Oodi Helsinki, finnische Gelassenheit,

Und eines ist wirklich im Gegensatz zu den deutschen Bibliotheken hervorzuheben: Überall hat man ein sehr gutes und funktionierendes Netz. Über das Internet kann man sich also nicht beschweren. Ein Punkt weniger auf der Gelassenheits-Lernen-Liste. Und auch ein Punkt mehr, die den Finnen bei ihrer finnische Gelassenheit helfen.

Wie Lesen auch den Stress abschüttelt und die finnische Gelassenheit fördert

Einer Studie an der University of Sussex zufolge kann das Lesen den aktuellen Stresspegel um bis zu 68% senken. Um das zu überprüfen, führten Wissenschaftler mit den Teilnehmenden Tests durch, die sie unter Stress setzten und ihre Herzfrequenz messbar nach oben trieben. Anschließend sollten sie sechs Minuten lang stillsitzen und lesen. Dabei stellte sich heraus: Das Herz beruhigte sich, offensichtlich nahm die Anspannung ab.

Zwar ist ein großer Teil dieser Entspannung wohl dem Stillsitzen zuzuschreiben – doch genau dazu werden wir beim Lesen meist „gezwungen“. Diesen positiven Effekt scheinen Bücherwürmer auch aktiv zu spüren, wie das Ergebnis einer umfangreichen britischen Umfrage zeigt: 58 Prozent der Befragten gaben an, dass sie beim Lesen am besten entspannen können.

FAZIT:

Darüber hinaus ist das Eintauchen in andere Welten, Geschichten oder faszinierende Sachbücher der ideale Weg raus aus dem Alltagschaos. Sich ablenken und die Gedanken etwas anderem zuwenden, um dem Stress ein Schnippchen zu schlagen.

Scheint so, als wäre auch hier wieder ein Grund zu finden, warum die Finnen die glücklichsten Menschen der Welt sind. Wann wirst auch du zur Leseratten mit dem Hang zur finnische Gelassenheit in stressigen Situationen?


Ausgabe 07/2022 auf Tablet Stress und Glück

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