Im Flow sein Zeit genießen am See

Im Flow sein: Zeit sinnvoll nutzen, Glücksmomente erschaffen und Happiness erleben

Wenn wir uns dem Thema Zeit nähern, dann sollten wir das, ähnlich wie bei dem Thema Glück, durch eine Definition tun. Denn Zeit hat an sich verschiedene Bedeutungen. Zum einen ist da die Zeit, die erbarmungslos läuft. Tag ein, Tag aus. Sekunden, Minuten und Stunden verstreichen und Tage vergehen, Wochen und Monate ziehen ins Land. Zeit definiert also ein „vorher“ und „nachher“. Auf der anderen Seite haben wir die „Zeit“ in der wir uns gerade befinden. Zeiten im Sinne von Jahrzehnten und den entsprechenden Generationen, die jeweils mit anderen oder unterschiedlichen Werten und auch Bedingungen zu tun hatten, bzw. aufgewachsen sind.

Und eben gerade jetzt, wo wir uns in den 20er, 30er oder 40ern unseres Lebens befinden. Genau dazu, also im Sinne des Lebensalters lässt sich sagen, dass wir uns im Grunde auf das Alter freuen können. Bestimmt hast du schon von der sogenannten Midlife-Crisis gehört. Hier ist das Glücksniveau bei den meisten Menschen niedriger, als im jungen Erwachsenen-Alter. Wir sprechen hier von Ende 40, Anfang 50. Im Laufe der 50er steigt das Niveau wieder deutlich an, viele erleben einen Glücksgipfel in den 60ern und frühen 70ern – solange die körperliche Gesundheit einigermaßen mitspielt. 

Aber gehen wir nochmal auf die erste Definition ein. Hier spielt vor allem persönliches Empfinden und auch Erleben eine große und entscheidende Rolle. 

Flow – Theoriegrundlage in der Positiven Psychologie

Bestimmt kennst du es, wenn du komplett in eine Tätigkeit versunken bist, dass du die Zeit um dich herum komplett vergisst und am Ende vollkommen überrascht davon bist, wie spät es eigentlich schon ist. Dann bist du im sogenannten „FLOW“ gewesen. Dieser Begriff wurde von dem Glücksforscher Mihály Csíkszentmihályi (1934–2021) ins Leben gerufen. Er gilt als Schöpfer der Flow-Theorie, die er aus der Beobachtung verschiedener Lebensbereiche, u. a. von Chirurgen und Extremsportlern, entwickelt hat und in zahlreichen Beiträgen veröffentlicht und dargestellte. 

Flow ist außerdem eines von drei Elementen der „Authentic Happiness Theorie“ von Martin Seligman. In dieser werden Positive Emotionen, Engagement und Sinn, als Wege, die zur Happiness führen, beschrieben. Seligman (2002) geht in seinen Theorien davon aus, dass insbesondere die Anwendung von sogenannten Signaturstärken zu Flow führen kann. Dabei ist es wichtig, die eigenen höchst ausgeprägten Charakterstärken zu identifizieren, zu entwickeln und zu lernen diese möglichst oft einzusetzen (dazu findest du eine komplette Ausgabe des Glücksmagazins: Ausgabe 04/2021: Stärken und Schwächen). Somit spiegeln sich hier auch die Merkmale des von Seligman entwickelten PERMA-Modells wieder.

Dieser Flow macht also nachweislich glücklich! Ganz streng genommen aber erst in der Rückschau, denn im Moment des „Vertieftseins“ selbst ist man quasi gar nicht anwesend und Emotionen und Empfindungen spielen eher eine untergeordnete Rolle. Wenn wir dann aber wieder „zurück“ sind und wahrnehmen, dass wir diesen Moment irgendwie unbewusst sinnvoll genutzt haben und uns quasi selbst überlisten konnten – dann gibt es einen ordentlichen Glückskick.

Erkenntnisse aus der Positiven Psychologie – Zeit nutzen heißt nicht Faulenzen oder Ausruhen

Fakt ist: Menschen sind gesünder, zufriedener und glücklicher, wenn sie sich mehr auf positive Aspekte in ihrem Leben fokussieren. Dabei geht es nicht so sehr um das Ausruhen, Nichtstun oder Faulenzen, sondern vielmehr um die Steuerung der eigenen Aufmerksamkeit. Für ein Flow -Erleben konzentriere deine Aufmerksamkeit auf deine momentane Tätigkeit und fokussiere und konzentriere dich darauf. Handeln und wahrnehmen gehen dann ineinander auf und es wird kein Gedanken an mögliche Fehler verschwendet – einfach in Aktion sein, das Erlebnis selbst ist Belohnung genug – Welcome to the Flow.

Flow für Body and Mind

Untersuchungen mit Klavierspielern zeigen, dass während eines solchen Flow-Erlebens die Atmung tiefer wird, der Puls sich verlangsamt und der Blutdruck sinkt. Gleichzeitig wird die Lachmuskulatur ganz fein aktiviert – auch wenn ein Lächeln nicht sichtbar wird – wodurch Endorphine, sogenannte Glückshormone ausgeschüttet werden.

Egal ob beim Klavierspielen, beim Bearbeiten einer Sandsteinwand oder beim Sport – Flow kann erreicht werden, wenn die gestellten Anforderungen im Einklang mit den eigenen Fähigkeiten sind. Wenn du etwas Neues lernst, kann das anfangs natürlich anstrengend sein, Ängste auslösen („Das schaff ich nicht“). Letztlich ist es mit Training und Übung aber fast immer möglich, in diesen mittleren Bereich zu gelangen. Das erlebt man oft im Job, eben genau in solchen Momenten, wie ich ihn zu Beginn beschrieben habe: Wenn wir die Zeit vergessen, einfach unsere Aufgaben erledigen und tief versunken in der Tätigkeit sind, ohne zu bemerken, dass die Zeit vergeht.

Und es lohnt sich, diesen Einklang zwischen Anforderungen und Fähigkeiten zu erreichen: Nicht nur fühlen wir uns dann viel wohler, sondern die Ergebnisse sind auch besser als bei diszipliniertem, aber freudlosen Arbeiten.

(Quelle: Pauken mit Trompeten: Lassen sich Lernstrategien, Lernmotivation und soziale Kompetenzen durch Musikunterricht fördern? Chapter 4: Flow erleben und Flow erforschen; Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)

Das Problem mit der fehlenden Zeit

Das Erleben des Flow-Zustandes ist nicht mit dem Freischaufeln von Zeit für sich selbst gleichzusetzen. Im Grunde kann ein Flow-Zustand in allem erreichbar sein was wir tun – vom Job bis ins Privatleben hinein. 

Aber für die eigene Gesundheit und das Wohlbefinden ist es wichtig bestimmte Momente für sich selbst zu haben, in denen die Zeit auch nur für sich selbst genutzt werden kann. Momente, in denen die eigenen Interessen und Stärken so konform miteinander laufen können, dass ein glückbringender Flow-Moment bereits vorprogrammiert ist. Aber wie schafft man diese Zeiten in einem so busy Tagesablauf und einer vollgestopften Woche voller Verpflichtungen?

Ist es wirklich so unmöglich für dich dir etwas Zeit zu nehmen, in der es nur um dich geht? Die Frage ist aber auch: Wo geht denn die ganze Zeit hin? Welche Zeitfresser oder vertrödelten Momente machen es dir schwer eine Lücke für dich selbst zu finden?

Es wird also Zeit für mehr Zeit – und Zeit für eine Zeitinventur! 

Liste einen klassischen Tag für dich auf: Was machst du wann, was benötigt wieviel Zeit – und wichtig: Sei ehrlich zu dir selbst!

Dazu habe ich dir hier eine Vorlage gebastelt, die du als Grundlage deiner Zeitinventur verwenden kannst: Vorlage Zeitinventur

Zeitinventur, digitale Selbstorganisation

Ich weiß durchaus, dass man nicht alle Tage komplett bis ins kleinste Detail planen und vorgestalten kann. Aber blicke jetzt einmal auf deine Aufzeichnungen. Markiere das GRÜN, was für dich wichtig und unabänderbar ist. Wieviele Stunden sind dies?

Dann markierst du all das ROT, was deiner Meinung nach nicht sein muss und eher als „Zeitfresser“ oder Lückenmomente gilt. Wieviele Stunden sind dies?

Jetzt planst du dir einmal den kommenden Tag oder vielleicht auch die kommende Woche.

Starte dazu wieder mit einer leeren Vorlage pro Tag. Als allererstes füllst du die Vorlage mit den GRÜNEN Zeiten aus, denn diese sind laut deiner Analyse unabdingbar und notwendig.

Nutze jetzt die noch offenen Lücken und fülle sie mit glücksstiftenden Momenten. Was macht dich glücklich, wozu hast du wirklich Lust und was kannst du dir auch langfristig und regelmäßig vorstellen zu tun?

Welche glücksbringende Aktivitäten lasse ich in meine Zeit?

Einer der stärksten Glückstreiber ist leichter Ausdauersport, am besten im Freien. Dazu zählt durchaus auch ein knackiger Spaziergang. Wenn man den Effekt in Pillen verarbeiten könnte, wäre das ein recht wirksames Antidepressivum. Aber auch sich in Meditation zu üben, ist nachweislich glücksfördernd. Etwas breiter geschaut, sollten wir so viel Zeit wie möglich mit echten Freunden und der Familie verbringen.

Nehmen wir nochmal den Teil mit der sinnstiftenden Aktivität auf. Das passiert verlässlich beispielsweise dann, wenn wir unsere Schaffenskraft in den Dienst anderer Menschen stellen. Und dass die Hilfsbereitschaft weltweit gerade im letzten Jahr enorm gestiegen ist , hat auch der World-Happiness-Report 2022 dargestellt (mehr dazu gibt es in Ausgabe 01/2022 und im Beitrag zum World-Happiness Report).

Außerdem sollten wir uns mit Tätigkeiten beschäftigen, die nah an unseren ureigenen Stärken liegen. Wie du diese erkennst? Wenn du dich z. B. einem neuen Thema widmest und außergewöhnlich schnell lernst: unbedingt dranbleiben. All das sind heiße Glücks- und auch Erfolgskandidaten. 

 Über das Thema Stärken gibt es eine komplette Ausgabe des Glücksmagazins: Ausgabe 04/2021 – Stärken und Schwächen

FAZIT:

Zeit ist kostbar, das ist wohl eine Tatsache, die wir alle unterschreiben würden. Schließlich lohnt aber vor allem ein Blick auf das konkrete Tun, also auf die Frage, womit wir unsere Zeit verbringen. Hier konnten die Positive Psychologie und die Verhaltensökonomie über die letzten Jahrzehnte einige eindeutige Empfehlungen herausarbeiten: Es ist wichtig, sich Zeit nehmen zu können, um sich selbst Gutes zu tun. 

Häufig machen uns die Dinge, von denen wir denken, dass sie uns glücklich machen müssten – die Erfolge, für die wir so hart arbeiten – alles andere als glücklich. Und ganz sicher geben sie uns nicht die Zeit mit unseren Familien und Freunden zurück oder Zeit für uns selbst. 

Aber wenn wir uns wirklich mit diesem Thema beschäftigen und es schaffen die vorhandene Zeit gut einzuteilen, Zeit abzuzweigen und diese richtig und sinnvoll zu nutzen, dann ist ein Flow-Zustand nicht weit und wir profitieren zweifach: Mehr Sinn im Leben und ein Glücksempfinden voller sinnvoller Momente und Tätigkeiten.


Glück und Zeit Ausgabe 02/2022

Glück und Zeit

Hier kommst du zur gesamten Ausgabe und allen Inhalten des Glücksmagazins.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert