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Wenn der Schnee schmilzt und das Eis auf der Ostsee immer dünner wird, dann denken vor allem die Bewohner Finnlands nur an eins: BALD IST SOMMER! Das könnte man zumindest für einige Finnen so in den Raum stellen, aber ich bin mir sicher, dass auch einige Winterliebhaber den weißen Glitzermantel des Winters vermissen werden. Denn neben Wintersport ist auch der Saunabesuch im Winter etwas ganz Besonderes. Aber wie ist es denn eigentlich wirklich? Sind wir tatsächlich glücklich im Sommer? Und warum schreibt man dem Sommer eine so große Happiness-Macht zu und dem Winter den Buh-Mann?
Winter und Sommer sind die typischen Gegensätze, könnten unterschiedlicher nicht sein. Und so gibt es sowohl Winter-, als auch Sommerliebhaber unter uns. Die einen mögen es knackig kalt und können mit der Liebe der anderen für heiße Sommertage nicht viel anfangen. Aber das ist genauso ok, wie die Unterschiede, die wir alle verkörpern.
Als aller erstes verbinde ich mit Winter kalt und dunkel. Und das einfach aus dem Bauch heraus, obwohl ich ein absoluter Winterfan bin. Zumindest ein Fan von RICHTIGEM Winter (nicht diesem halbherzigen nass-kalt-schmuddel-Winter in Deutschland).
Sommer steht für mich für lange Tage, Licht und Wärme.
Direkt fällt auf: Der Sommer steht eher auf der Seite der Happiness und glücklichen Assoziationen. Und dabei kann natürlich auch ein kalter, dunkler Wintertag unglaublich glücklich machen. Es kommt darauf an, was man aus der Situation macht.
Nach dem ersten kompletten Winter in Finnland kann ich hier nur sagen: Ich liebe wirklich kalte und dunkle Tage im tiefen Winter. Schnee, Eis und die frische Luft haben auch ihren ganz besonderen Charme. Aber das fehlende Licht und die doch eher bescheidene Anzahl der Sonnenstunden machen es in der Gesamtzahl der Tage nicht leicht an dieser Schönheit festzuhalten. Die Müdigkeit ist gefühlt ständig präsent und die kurzen Tage schlagen auf das Gemüt.
Die Wochen ziehen sich wie Kaugummi und JA, man träumt sich das ein oder andere Mal ein paar Monate weiter – gen Sonne.
Warum das so ist haben einige Forschungen untersucht und zahlreiche Studien beschäftigen sich mit den positiven Faktoren des Sommers auf unsere Gesundheit und unser geistiges Wohlbefinden.
Eine davon wurde an der Binghampton University und der State University of New York durchgeführt. Hier wurden wichtige Faktoren wie Schlaf, Bewegung und Ernährung, von denen wir alle wissen, dass sie den psychischen Zustand und unser Glück beeinflussen genauer unter die Lupe genommen.
Die Forschung von Binghamton und SUNY gibt einen Einblick in den Mechanismus, der sicherstellt, dass wir im Sommer glücklicher sind. Dazu wurde der Einfluss verschiedener Jahreszeiten auf unsere psychische Gesundheit untersucht und dargestellt.
Laut der Studie tragen das bessere Wetter und die längeren Tage zu mehreren Faktoren bei, die uns glücklicher machen.
Die Forschung zeigt, dass sich unsere Ernährung und die körperlichen Aktivitäten, die wir durchführen, im Sommer verbessern. Eine logische Erklärung dafür sind die vielen saisonalen Gemüsesorten, die wir im Frühjahr und Sommer ernten. Auch die wärmeren Temperaturen bringen uns dazu auf der einen Seite mehr zu trinken und außerdem leichtere Gerichte zu uns zu nehmen.
Die längeren Tage tragen außerdem dazu bei, mehr Outdoor-Aktivitäten zu unternehmen und sich in der Natur aufzuhalten.
Sowohl eine gesunde Ernährung als auch Bewegung sind Faktoren, die zu einem guten Schlaf und einem verbesserten zirkadialen Rhythmus verhelfen. Diese Faktoren sind eng mit der körperlichen und geistigen Gesundheit verbunden.
Wenn es Sommer wird, läuft der Körper auf Hochtouren: Wir brauchen weniger Schlaf, sind trotzdem fitter und besser gelaunt. Den Energieschub können wir gut gebrauchen, ist doch ein Sommertag doppelt so lang wie ein Wintertag. Jetzt gibt es so viel zu erleben! Tatsächlich sind die Körperfunktionen des Menschen perfekt an die Jahreszeiten angepasst. Denn früher war es überlebenswichtig, voller Tatendrang zu säen und zu ernten, wenn es das Klima eben zuließ. Das wirkt sich bis heute aus, denn unser Bio-Rhythmus hat sich trotz Lichtverschmutzung in den nie ganz dunkel werdenden Städten kaum verändert (mehr zum Thema Biorhythmus in Ausgabe 02/2021)
Tatsache ist: Ohne Licht könnten wir nicht leben. Es ist der wichtigste Indikator für unsere innere Uhr und hilft, die Rhythmen des Körpers einzutakten. Licht signalisiert den Zellen: „Auf geht’s, tu was!“
Im Gegensatz dazu leitet Dunkelheit die Erholungsphase ein. Besonders das Hormonsystem reagiert sensibel auf das Licht und die wechselnden Lichtverhältnisse. So schüttet der Körper im Sommer weniger Melatonin aus, was dafür sorgt, dass du müde wirst und dich lieber nach Hause zurückziehen würdest. Je weniger Melatonin in deine Zellen gelangt, desto fitter bist du.
Und trotz allen Studien und bereits gewonnen Fakten wird Sonnenlicht häufig unterschätzt. Denn es sagt deinem Körper nicht nur, wann es Schlafenszeit ist, sondern ist auch ein Booster für deine Stimmung. So bringt es das Gehirn dazu, neben dem Hormon Melatonin auch Endorphine und Serotonin auszuschütten. Die Folge: Du fühlst dich pudelwohl.
Übrigens beeinflusst nicht nur die Länge des Tageslichts deine Laune. Wichtig ist auch, wie intensiv das Licht ist und welche Farbe es hat. Laut einer kleinen Studie aus dem Jahr 2010 führt eine blaue Beleuchtung dazu, dass das Gehirn stärker auf Emotionen reagiert. Die Teilnehmer der Studie waren auch aufmerksamer und wacher. Wenn wir bedenken, dass Geräte wie Smartphone, Tablet und Laptop mit diesem blauen Licht auf uns einwirken – krass, oder? Denn dadurch wird nicht nur die Melatonin-Produktion gestoppt und damit unser Schlaf quasi nach hinten verzögert, sondern auch unsere Emotionen können verstärkt werden. Bei der Masse an Informationen und Social Media Inhalten, die wir mit blauem Licht konsumieren schon eine heftige Kombination!
Ähnliche Effekte soll auch gelb und rot gefärbtes Licht haben. Violette oder grüne Farbtöne wirken dagegen eher beruhigend.
Aber nicht nur deine Psyche reagiert auf Licht. Dein Körper braucht es auch, um Vitamin D herzustellen. Das Sonnenvitamin wird in der Haut gebildet, wenn du an der frischen Luft bist. Es sorgt dafür, dass deine Knochen und Muskeln stark sind.
Wenn du zu denjenigen gehörst, die etwa in einem Krankenhaus arbeiten oder vielleicht in einer Art Halle regelmäßig Nachtschichten schieben, weißt du, wie wichtig Sonnenlicht ist.
Schläfst du tagsüber, erholt sich dein Körper deutlich schlechter. Auch depressive Stimmungen, Ängste und ein höheres Risiko für Herzkreislauferkrankungen hängen laut Deutschem Gewerkschaftsbund oft mit Schichtarbeit zusammen. Der Körper ist eben seit tausenden Jahren auf den Tag-Nacht-Rhythmus gepolt, den das Sonnenlicht vorgibt. So einfach lässt er sich nicht umstellen. Und wir haben nun einmal alle unsere innere Uhr, die wir nicht mal eben jede Woche anders einstellen können – je nach Schicht- und Dienstplan.
Wenn der Körper bei einem Lichtmangel nicht genug Vitamin D bilden kann, entsteht womöglich eine weitere Krankheit: Symptome der sogenannten Osteomalazie sind Knochenschmerzen und Muskelschwäche. Sie ist heutzutage aber sehr selten. Bei einem Vitamin-D-Mangel steigt auch das Risiko für Osteoporose, Demenz und Infekte. Allerdings kommt ein echter Vitamin-D-Mangel heute eher selten vor. Denn wer seine Speicher im Sommer auffüllt, zehrt auch im Winter davon. Bedeutet also: Wer viel in der Natur unterwegs ist, tut also auch etwas für den Vitaminhaushalt.
Weitaus häufiger ist eine andere Folge des Lichtmangels: die Winterdepression.
Kennst du das? Im Herbst folgt ein Regentag auf den nächsten und du hast auf nichts Lust. Am liebsten würdest du dir die Bettdecke über den Kopf ziehen und den ganzen Tag zu Hause bleiben. Aber es hilft ja nichts – aufstehen musst du doch. Gründe für die schlechte Stimmung und die Müdigkeit kann es viele geben. Zum einen ist es der Jahreszeitenwechsel.
Wenn das Licht abnimmt, schlägt das nicht nur dir auf die Laune. So haben 25 % der Deutschen saisonale Stimmungsschwankungen, rund 5 % leiden so richtig unter dem sogenannten Winterblues. Der Winterblues ist zwar biologisch erklärbar, aber deshalb noch lange kein Schicksal.
Und natürlich ist das auch in Finnland ein großes und wichtiges Thema. Denn tatsächlich birgt Finnland aufgrund seiner geografischen Lage neben traumhafter Natur auch einige mentale Herausforderungen. Die wohl Sichtbarsten sind dabei die andauernde Helligkeit sowie Dunkelheit. Sommer und Winter prallen hier noch heftiger aufeinander, als in deutschen Gefilden.
Von Ende Mai bis Anfang August wird es im gesamten Land nie richtig dunkel. Im nördlichsten Gebiet Lappland verschwindet die Sonne 71 Tage lang nicht hinter dem Horizont. Das nennt sich dann „Yötön yö“ – „nachtlose Nacht“. Dieses Phänomen der weißen Nächte kommt übrigens an allen Orten vor, die in etwa zwischen 60 Grad nördlicher oder südlicher Breite und dem jeweiligen Pol liegen. Und der längste Tag des Jahres wird von den Finnen lange herbeigesehnt und schließlich auch gefeiert: Juhannus, der finnische Mittsommer!
Aber als wäre die lange Helligkeit nicht schon fordernd genug, gibt es ein halbes Jahr später mit der Polarnacht, „Kaamos”, das düstere Pendant: Über eineinhalb Monate und dann höchsten sechs Stunden am Tag sehen die Finnen Tageslicht. In Lappland bekommen sie die Sonne überhaupt nicht zu Gesicht. Was bedeutet das aber für den natürlichen Rhythmus der Menschen dort?
Die langanhaltende Dunkelheit führt bei vielen Finnen zu starken Depressionen. Tatsächlich ist das Land der 1000 Seen auch für seine hohe Selbstmordrate bekannt. Größtes Glück gepaart mit großer persönlicher Aussichtslosigkeit? Die Selbstmordrate scheint allerdings außerhalb Finnlands immer ein größeres Thema als hier zu sein und wird immer wieder mit den langen nordischen Wintern begründet. Allerdings sollte hier erwähnt werden, dass die Suizidrate in Finnland sich in den letzten Jahren halbiert hat! (Statista: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/283363/umfrage/entwicklung-der-suizidraten-ausgewaehlter-laender/)
Hier kommen sicher viele Faktoren zusammen. So führte Finnland, das lange international die höchsten Suizidraten aufwies, Anfang der 1990er-Jahre ein nationales Projekt zur Suizidprävention ein und die Zahl der Verordnungen von Antidepressiva hat sich in den letzten 20 Jahren verachtfacht.
Auch der Alkoholkonsum ist zurückgegangen und ich bin mir sicher, dass das große weltweite Interesse der Menschen zum Thema Gesundheit (Ernährung, Bewegung und Regeneration) einen wichtige Stellschraube darstellt. Achtsamkeit ist wichtiger denn je geworden – auch in Finnland!
Ein weiterer Grund könnte die Psychiatrie-Reform Finnlands sein, die dabei half, die Zahl der psychiatrischen Betten um etwa 60 % zu senken und dafür die ambulante Behandlung ausgebaut hat. Das hilft dabei mehr Menschen behandeln zu können und schneller auf Problematiken zu reagieren.
Egal ob Deutschland oder Finnland: Wenn wir verstehen, wie sich der Sommer auf uns und unser psychisches Wohlbefinden auswirkt, haben wir die Möglichkeit, im Wechsel der Jahreszeiten vorbeugende Maßnahmen zu ergreifen. Sobald die Tage kürzer werden und es in die letzten Monate des Jahres übergeht, sollten wir das Sonnenlicht am frühen Morgen verwenden, um unsere innere Uhr und den Schlafrhythmus gesund zu halten. Das funktioniert am besten, wenn du z. B. deine Sporteinheiten morgens draußen ausübst und dabei die Morgensonne genießt.
Auch beim Thema Ernährung können wir uns sommerlich durch den Winter futtern. Versuche so viel frische Lebensmittel wie möglich auf deinen Speiseplan zu packen. Iss dabei saisonal: herzhafte Wintersuppen mit reichlich nährstoffhaltigem Gemüse, Gerichte mit Linsen oder leckeres Vollkornbrot versorgen dich ideal in der kalten Jahreszeit. Vertraue hier auf die Natur. Denn die bietet dir zu jeder Jahreszeit die benötigten Inhaltsstoffe. Was im Winter wächst und zur Verfügung ist, ist also auch super für uns!
Der Sommer ist es also, der unsere Glücksgefühle tanzen lässt und uns dank Sonne und Licht zu gutem Wohlbefinden verhilft. Aber auch der Winter hat seinen Charme und seine besonderen Momente.
Wichtig ist auch an dieser Stelle, dass wir achtsam sind mit uns und unserem Umfeld. Hier können wir uns außerdem ein großes Stück bei den Finnen abschneiden, die eher pragmatisch und realistisch an die „dunkle Zeit des Jahres“ herangehen. Der Winter kommt, das ist sicher. Und den sollten wir so nehmen wie er ist.
Und vielleicht achten wir ja alle im kommenden Winter, dann wenn die Tage kurz und dunkel sind und unser Gemüt eher gen Null tendiert darauf, dass auch diese Tage ihren Charme haben: Gemütlichkeit, Beisammensein, Wintersport, frische Luft,… Was fällt dir noch ein?
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